Warngau: Unten Autos, oben Freude
Warngau - Dreck, Staub, Baulärm und jede Menge Staus. Keine Frage, die Warngauer haben in den vergangenen Jahren viel schlucken müssen. Jetzt ist endlich Licht am Ende des Tunnels zu sehen.
Die Tieferlegung der B 318 ist abgeschlossen. Am 27. Juli soll das Millionenprojekt – mit rund einem Jahr Verspätung und deutlich höheren Kosten als ursprünglich geplant – für den Verkehr freigegeben werden. "Wenigstens eröffnen wir vor dem Berliner Flughafen", scherzen Honoratioren im Ort, "diese Blamage ist uns zum Glück erspart geblieben".
6,5 Millionen Euro sollte die 80 Meter lange Unterführung ursprünglich kosten. Am Ende wurden fast neun Millionen Euro daraus.
Ausflügler, Urlauber, Pendler – rund 25.000 Autos fahren an einem schönen Tag mitten durch Warngau. Die einen wollen zum Tegernsee, die anderen nach München zur Arbeit. Bald rollen die Autos unterirdisch durch den 3.800-Seelen-Ort im Landkreis Miesbach.
Der Ort ist seit zwei Jahren zweigeteilt
Seit Herbst 2016 ist Warngau durch einen 700 Meter langen Graben zweigeteilt. Wer vom Osten in den Westen wollte, oder umgekehrt, musste einen fünf Kilometer langen Umweg fahren. "Kurzzeitig wäre das zu ertragen gewesen", sagt Bäckerin Birgit Klaus. Wie sie kämpfen viele Geschäftsleute mit enormen finanziellen Einbußen. Die Kunden blieben aus. Beileibe nicht das einzige Problem. Ein Wolkenbruch verwandelte die Baustelle im November 2017 in eine Badewanne. Das Regenwasser lief nicht ab. Mit der Baustelle soff auch der Eröffnungstermin ab.
Für Einheimische war das keine Überraschung. "Des ham ma dene vom Bauamt vorher gsagt", erzählt ein Landwirt, "aber des hat koan interessiert". Schon die alte Unterführung, eine winzige mit Wellblech verkleidete Röhre, die die B 318 unterirdisch querte, lief bei Regen öfter voll.
Den Schwarzen Peter bekamen die Ingenieure beim Straßenbauamt in Rosenheim zugeschoben. "Wir hörten immer, dass alles in den Planungen berücksichtigt sei", sagt Bürgermeister Klaus Thurnhuber.
Tatsächlich gab es etliche Bohrungen im Baustellenbereich, um die Durchlässigkeit des Untergrunds zu erkunden. Doch das Regenwasser lief nicht ab wie erwartet. "Das lag daran, dass die durchlässige Kiesschicht einige Meter tiefer lag, als wir angenommen hatten", sagt Stefan Högenauer, Vize-Chef des Bauamts.
Man geht von Kosten in Höhe von 8,9 Millionen Euro aus
Die Tiefbauingenieure mussten nachbessern. Vier deutlich große Sickermulden sollen jetzt dafür sorgen, dass der Tunnel bei Starkregen nicht mehr unter Wasser steht. Die Nachbesserungen kosteten viel Zeit und Geld. Von 8,9 Millionen Euro geht das Straßenbauamt aus.
Die Gemeinde übernimmt davon knapp zwei Millionen für den Tunnel-Deckel, die Grünbrücke, damit man wieder auf direkten Weg von Ost nach West kommt. Bürgermeister Thurnhuber sagt: "Ich gehe davon, aus, dass die rund 2,5 Millionen der Bund trägt und die Warngauer Bürger nichts drauflegen müssen."
Spontane Beachparty in der Röhre
Diesen Freitag (6. Juli) sollte der Tunnel eingeweiht werden. Klappt nicht. "Am 27. Juli wird der Tunnel freigegeben", sagt Stefan Högenauer. Die Baumaschinen bleiben. In den ersten drei Wochen im August wird die westliche Zufahrt geteert. Die Behelfsstrecke, die bei einigen Warngauern mitten durch den Garten führte, wird zurückgebaut.
Ob auch das Problem mit dem Regenwasser gelöst ist – in Warngau ist man skeptisch. "Da bin ich gespannt", sagt Traudl H., "der erste kräftige Wolkenbruch wird zeigen, ob die Experten diesmal richtig gerechnet haben". Als früher die alte Röhre voll gelaufen ist, organisierten Burschen spontan eine Beachparty mit Schlauchbooten. "Das könnten wir wieder machen", schlägt Traudl H. vor. Dann hätte der Ort ein Freibad.
Doch das haben die Warngauer eigentlich schon: im Ortsteil Osterwarngau. Ebenfalls mit Betonwanne – aber mit Sprungturm.