Wahlrechtsreform: Wie die Ampel zur Rettung für die CSU werden könnte

München - Die Ampel-Parteien erwägen offenbar eine erneute Änderung des Wahlrechts – um die CSU zu retten, die nach der am Freitag vom Bundestag verabschiedeten Reform bei der nächsten Abstimmung 2025 im schlimmsten Fall an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern und aufgrund der Abschaffung der Grundmandatsklausel aus dem Parlament fliegen könnte.
Wie unter anderem die "FAZ" schreibt, gibt es bei SPD, Grünen und FDP Überlegungen, die Option einer sogenannten Listen-Verbindung zwischen CSU und CDU zu schaffen. Dies würde im Prinzip bedeuten, dass die Union zwar weiterhin mit 15 CDU-Listen und der bayerischen CSU-Landesliste antritt, jedoch die Ergebnisse aller Listen zusammengerechnet würden.
Die CSU, die es 2021 mit bundesweit 5,2 Prozent nur knapp über die Sperre geschafft hatte, müsste in diesem Szenario also nicht mehr zittern.
"Diese Möglichkeit gibt es im Moment bei Europa- aber nicht bei Bundestagswahlen", sagt Jörg Siegmund von der Akademie für Politische Bildung in Tutzing. Das Bundesverfassungsgericht habe dieses Modell 1990 im Vorfeld der ersten gesamtdeutschen Wahl nach der Wiedervereinigung für unzulässig erklärt, sollte es allein dem Zweck dienen, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Das wäre etwa gegeben, wenn sich Parteien mit völlig unterschiedlicher Ausrichtung zu einer Listen-Verbindung zusammentäten – wie es etwa bei Tierschutz- und Piraten-Partei der Fall wäre.
Im aktuell diskutierten Kontext der schwarzen Schwestern sieht der Wahl-, Parteien- und Parlamentarismusforscher jedoch einen Interpretationsspielraum: "CDU und CSU stehen sich sehr nahe und verabschieden in der Regel auch ein gemeinsames Wahlprogramm."
Experte: Ampel leistet aktuell Wahlkampfhilfe für die CSU
Würde eine Listen-Verbindung dazu führen, dass künftig CDU-Politiker auch im Freistaat gewählt werden könnten – und Christsoziale im Rest der Republik? "Nein", sagt Siegmund. "Dafür wäre eine Listen-Vereinigung notwendig, also ein gemeinsamer Wahlvorschlag mit Kandidaten unterschiedlicher Parteien. Die ist laut Verfassungsgericht zulässig – aber darum geht es hier nicht."
Das wäre wohl auch zu viel für die Christsozialen um Parteichef Markus Söder, die schon von einer Listen-Verbindung nichts wissen wollen. "Die Sorge ist groß, dass die CSU- dann tatsächlich als 16. CDU-Landesliste wahrgenommen würde und die Partei als Anhängsel der Christdemokraten." Die Eigenständigkeit wäre gefühlt dahin.
Auch der Politologe würde den Bayern davon abraten, eine solche Verbindung einzugehen. "Die CSU schöpft ihre Kraft gerade daraus, ein Widerpart innerhalb der Union zu sein. Dieses Doppelspiel wäre dann nicht mehr möglich." Außerdem ginge dem Team Söder ein wichtiges Argument im Wahlkampf verloren, nämlich: "Für uns geht es um alles!" Insofern, sagt Jörg Siegmund, leisteten die Ampel-Parteien gerade ordentlich Wahlkampfhilfe für die CSU.