Isarfischer sauer auf Lidl und Co.: "Eine Waffe ist auch nicht frei verkäuflich"

München - Auf Äste aufgespießt, in Plastiktüten gestopft oder am Ufer liegen gelassen - so sieht der typische Umgang mit Fischen jener Menschen aus, die gar keine Erlaubnis zum Angeln haben. Das Bayerische Kriminalamt teilt auf Anfrage der AZ mit, dass es im Jahr 2023 exakt 324 Fälle von Fischwilderei gegeben habe. Solche Vorfälle mehrten sich gerade dann, wenn bei Discountern wie Lidl oder Kaufland wieder Billig-Angler-Sets im Angebot sind - das berichten der Fischereiverband Bayern und der Münchner Verein Isarfischer.
Am Tatort lagen die Billigangeln der Discounter
"Neulich hat ein Fischereiaufseher drei Schwarzfischer beobachtet und zur Rede stellen wollen, aber die sind dann geflüchtet. Sie haben eine Plastiktüte mit 20 Kilo Forellen zurückgelassen", erzählt Klaus Betlejewski, Vorstand der Isarfischer, der AZ. Am Tatort zurückgeblieben: jene Billig-Angeln, die es kürzlich zum Spottpreis bei den Discountern zu erwerben gab. Thomas Funke vom Landesfischereiverband Bayern sagt der AZ, dass Vereine aus dem ganzen Freistaat von solchen Vorfällen vermehrt berichten.
Ein Komplett-Set zum Forellen-Angeln gab es bei Lidl Anfang April für gerade einmal 30 Euro. Zum Vergleich: Für dasselbe Geld bekommen Fischer in professionellen Angel-Shops nicht einmal eine Rute. Der Isarfischer-Vorsitzende Betlejewski sagt dazu: "Lidl und Kaufland haben zwar keine Schuld daran, dass die Leute schwarzfischen. Aber wenn es nicht so leicht wäre, Angelausrüstung zu kaufen, würden viele gar nicht erst in Versuchung kommen."
"Wir müssen dafür sorgen, dass der Fisch möglichst wenig leidet", sagt Isarfischer-Chef Betlejewski
Angler ärgern sich darüber, dass Schwarzfischen oftmals als Bagatelle abgetan werde – sowohl juristisch als auch gesellschaftlich. "Ein Verein oder eine Privatperson mit Fischereirecht in einem bestimmten Gewässer hat auch die Pflicht, die Fische zu hegen", sagt Funke vom Landesfischereiverband. Das heißt: Sie kümmern sich um die Sauberkeit des Gewässers, helfen bei der Nachzucht bestimmter Arten und halten sich an Schonzeiten für die Fische. Um all das scheren sich die Schwarzfischer nicht, sagt Funke.
Und gingen obendrauf auch noch brutal mit den Tieren um: Diese ersticken etwa oder werden lebendig aufgespießt. Der Isarfischer-Vorsitzende Betlejewski sagt dazu: "Ein berechtigter Fischer muss auch lernen, wie er einen Fisch tierschutzgerecht tötet. Wenn wir einen Fisch fangen, den wir essen wollen, müssen wir den erst betäuben und durch einen bestimmten Schnitt ausbluten lassen, sodass der Fisch möglichst wenig leidet."

"Eine Waffe ist auch nicht frei verkäuflich"
Tom Albert Kemmler, der Inhaber vom Münchner Anglershop AKM Angelgeräte, weist seine Kunden darauf hin, dass sie fürs Fischen in den jeweiligen Gewässern eine Erlaubnis brauchen."Eine Waffe ist auch nicht frei verkäuflich", sagt er der AZ. Gerade weil es diese Hinweise an der Supermarktkasse nicht gibt, braucht es ihm zufolge große Warnhinweise auf den Billig-Sets. "So wie bei Zigaretten."
Auch der Landesfischereiverband wünscht sich, dass sowohl "in den Verkaufsprospekten als auch auf den Packungen klar und deutlich draufsteht, dass es in Bayern einen Fischerei- und einen Erlaubnisschein braucht." Auf Anfrage der AZ teilt eine Sprecherin von Kaufland mit, dass es dem Discounter ein Anliegen sei, in den Bedienungsanleitungen und "teilweise auch auf den Verpackungen" darauf hinzuweisen. Sie räumt aber ein, dass Kaufland prüfen wolle, wie diese noch präsenter werden können, um "für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren". Lidl hat sich zu den Vorwürfen auf Nachfrage der AZ nicht geäußert.
In Bayern ist eine Geldstrafe von bis zu 5000 Euro möglich
"Uns wäre ein großes Anliegen, dass die Ermittlungsbehörden härter gegen Schwarzfischen vorgehen würden", sagt Funke vom Landesfischereiverband. Das wünscht sich auch Isarfischer Betlejewski. Er und Funke denken, dass höhere Strafen abschrecken könnten. In Bayern ist eine Geldstrafe von bis zu 5000 Euro möglich – theoretisch sogar eine maximal zweijährige Haft.
Oft werden die Verfahren den Anglern zufolge jedoch eingestellt – wegen "mangelndem öffentlichen Interesse" oder weil es sich bei einem Fisch um eine "geringwertige Sache" handle. Betlejewski findet das ärgerlich, denn: "Es geht nicht nur um den kommerziellen Wert des Fisches, sondern auch um das Tierschutzrecht."