Wählen – aber richtig!

Nur die Zweitstimme zählt? Erststimmen für kleine Parteien sind verschenkt? Vergessen Sie’s! Das bayerische Wahlrecht bietet einige Feinheiten, die man kennen muss, bevor es ins Wahllokal geht
von  Abendzeitung
Für die Landtagswahl am Sonntag bekommt jeder zwei Stimmzettel.
Für die Landtagswahl am Sonntag bekommt jeder zwei Stimmzettel. © az

MÜNCHEN - Nur die Zweitstimme zählt? Erststimmen für kleine Parteien sind verschenkt? Vergessen Sie’s! Das bayerische Wahlrecht bietet einige Feinheiten, die man kennen muss, bevor es ins Wahllokal geht

Die Wahl am Sonntag ist nicht so schwierig, wie es auf den ersten Blick ausschaut. Das wichtigste dabei ist aber: Ob Erststimme oder Zweitstimme und egal, wo man sein Kreuz macht, es geht keine Stimme verloren.

Zwei Wahlen sind am Sonntag zu absolvieren: Die Wahl zum neuen Landtag und eine für den neuen Bezirkstag in den sieben bayerischen Regierungsbezirken, also etwa Oberbayern. Dafür bekommt jeder Wähler vier Stimmzettel: Zwei für die Landtagswahl und zwei für die im Prinzip ähnliche Bezirkswahl: jeweils ein kleiner für die Erststimme und ein großer für die Zweitstimme. Und so geht es:

Erststimme: Mit der Erststimme wird der Direktkandidat des Stimmkreises bestimmt. In den acht Münchner Stimmkreisen sind es jeweils elf Kandidaten. Diese Namen stehen auf dem kleinen Stimmzettel. Gewählt ist, wer die meisten Stimmen bekommen hat.

Wichtig: Alle Kandidaten, die hier verlieren, behalten diese Stimmen! Anders als bei der Bundestagswahl sind sie nicht verloren. Denn sie werden nachher mit der Zweitstimme addiert.

Zweitstimme: Dafür gibt es den großen Stimmzettel. Darauf stehen die Parteien mit den Namen der Kandidaten. Das einfachste ist: Man macht ganz oben neben dem Namen einer Partei ein Kreuz (dort finden sich auf dem Stimmzettel keine Kreise – es geht aber trotzdem!) Man kann aber stattdessen – wie bei der Stadtratswahl – bei jedem beliebigen Kandidaten auf der Liste sein Kreuz machen. Aber nur ein Kreuz auf dem Stimmzettel!

Die Erst- und Zweitstimmen werden zusammengezählt

Kann ein Kandidat zwei Stimmen bekommen? Nein! Jeder darf nur eine Stimme bekommen. Deshalb fehlen auf dem Zweitstimmenzettel die Namen der Direktkandidaten aus dem jeweiligen Stimmkreis. Daher hat auch jeder der acht Stimmkreise in München eigene Stimmzettel.

Was sind das für Namen? Auf dem großen Zettel für die Zweitstimme sind nur die Kandidaten aus dem eigenen Regierungsbezirk aufgelistet – also alle Kandidaten aus Oberbayern. Es gibt keinen Stimmzettel für ganz Bayern. So hat jeder der sieben Regierungsbezirke andere Namenslisten. Der Franke Beckstein und der Niederbayer Huber können also in München nicht gewählt werden.

Die Münchenr können nicht Beckstein wählen

Kann ich jeden Kandidaten ankreuzen? Ja! Münchner müssen nicht Münchner wählen, sie können jedem beliebigen Kandidaten aus Oberbayern ihre Stimme geben.

Darf man die Stimmen „mischen“? Ja! Man muss nicht auf jedem Stimmzettel die gleiche Partei wählen! Man kann mit der Erststimme Partei A ankreuzen und bei der Zweitstimme die Partei B.

Warum geht keine Stimme verloren, auch wenn „mein“ Direktkandidat verliert? Das ist die Besonderheit des bayerischen Wahlsystems. Hier zählen für die Mehrheitsverhältnisse im Landtag nicht nur die Zweitstimmen (wie beim Bundestag). Um die Mehrheitsverhältnisse zu berechnen, werden alle Erst- und Zweitstimmen addiert!

Was heißt das für die Kandidaten? Das bedeutet, dass bei einem Direktkandidaten die Erststimmen und seine Zweitstimmen zusammengezählt werden. Dabei haben die Kandidaten einen Vorteil, die auch Direktkandidaten sind, weil sie zweimal Stimmen bekommen können.

Wie wird die Mandatsverteilung ermittelt? Dafür werden die Erststimmen und die Zweitstimmen zusammengezählt. Anders als beim Bundestag zählt also nicht nur die Zweitstimme.

Wer ist gewählt? Gewählt ist grundsätzlich, wer seinen Stimmkreis gewonnen hat. Das sind 91 der 180 Abgeordneten für den Landtag. Danach kommen die Listenkandidaten an die Reihe. Deren Platz auf der Liste wird nicht von der Reihung auf dem Stimmzettel bestimmt, sondern von der Gesamtzahl der Erst- und Zweitstimmen.

Wie wird der Proporz zwischen den sieben Regierungsbezirken hergestellt, die ja alle andere Namenslisten haben? Von den 180 Abgeordneten kommen 58 aus Oberbayern, 24 aus Mittelfranken, 18 Niederbayern, 17 Oberpfalz, 17 Oberfranken, 20 Unterfranken, 26 Schwaben.

Wer kommt in den Landtag? Alle Parteien und Gruppen, die mehr als fünf Prozent erhalten. Und alle Direktkandidaten (auch wenn’s deren Partei nicht schafft).

Willi Bock

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