Vorwürfe gegen den Bund: Es kriselt beim Katastrophenschutz

Bayerns Innenminister macht dem Bund schwere Vorwürfe: Der Katastrophenschutz sei vernachlässigt worden. Wo der Freistaat nun Millionen investiert.
Ralf Müller |
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Joachim Herrmann bei der Pressekonferenz zum Katastrophenschutz.
Joachim Herrmann bei der Pressekonferenz zum Katastrophenschutz. © Peter Kneffel/dpa

Bayern - Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat sich klar gegen die Anschaffung von Löschflugzeugen zur Bekämpfung von Waldbränden in Deutschland ausgesprochen. Entsprechende Vorschläge waren unter anderem von der FDP in der Berliner Ampel-Koalition gekommen.

Hubschrauber statt Flugzeuge

Er wundere sich, wer sich alles zu diesen Fachfragen äußere, sagte Herrmann gestern in München. Bayern setzt bei der Waldbrandbekämpfung auf die schon vorhandenen Hubschrauber der Landespolizei und wenn erforderlich auch von Bundespolizei und Bundeswehr.

So argumentiert der Innenminister

Löschflugzeuge benötigten zum Wasseraufnehmen eine Wasserfläche von mindestens der Größe des Bodensees, die man zuvor auch noch von Booten und Schwimmern freiräumen müsste, so Herrmann. Hingegen könnten Hubschrauber aus nahe gelegenen Flüssen und Teichen Wasser aufnehmen und seien darüber hinaus für eine Fülle von anderen Aufgaben einsetzbar.

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Nächstes Jahr kommen neue Polizeihubschrauber

Über ganz Bayern verteilt stehen laut Herrmann an 18 Standorten mehr als 50 Löschwasser-Außenlastbehälter mit einem Fassungsvermögen zwischen 900 und 5.000 Litern zur Verfügung, die im Brandfall von Hubschraubern aufgenommen und über den Flammen entleert werden könnten. Ab 2023 erhalte die Polizei im Freistaat zudem leistungsfähigere Polizeihubschrauber des Typs Airbus H145, die höhere Lasten und damit auch mehr Löschwasser transportieren könnten.

Wird der Katastrophenschutz vernachlässigt?

Der Bundesregierung warf Herrmann vor, den Katastrophen- und Bevölkerungsschutz sträflich zu vernachlässigen. Es sei "völlig unverantwortlich", wenn angesichts der zunehmenden Herausforderungen die Mittel für das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) um fast 40 Prozent gekürzt werden sollen, wie dies der Haushaltsentwurf des Bundes für 2023 vorsehe, kritisierte der CSU-Politiker.

Etat fürs technische Hilfswerk sinkt

Auch der Etat für das Technische Hilfswerk solle um 30 Prozent reduziert werden. Darüber hinaus lasse der Bund seine Pflichten bei der Fahrzeugausstattung für den Bevölkerungsschutz schleifen. Von den 828 Fahrzeugen, die in Bayern zur Verfügung stehen sollten, seien gerade einmal 568 einsatzfähig.

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Jahrelange Wartezeiten

Hinzu kämen Wartezeiten von mehreren Jahren, bis Ersatz für ausgesonderte Fahrzeuge zur Verfügung stehe. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ignoriere Herausforderungen völlig und tue so, "als hätte es etwa die Flutkatastrophe im Ahrtal nicht gegeben".

"Weder Muh noch Mäh"

Ebenso ignoriere der Bund die einstimmige Forderung der 16 Innenminister der Länder, parallel zum 100-Milliarden-Sonderfonds für die Bundeswehr in den nächsten zehn Jahren zehn Milliarden Euro für Katastrophen- und Bevölkerungsschutz vorzusehen. "Weder Muh noch Mäh" sei aus Berlin zur Verstetigung des Sirenen-Förderprogramms zu hören. Die bisherigen Mittel seien völlig ausgeschöpft. Es lägen aber noch Tausende von Anträgen für das Aufstellen von Sirenen vor, so Herrmann.

Maßnahmen für Bayern

Bayern will im Rahmen seines Konzepts "Katastrophenschutz Bayern 2025" nach den Worten Herrmanns eine Reihe von Maßnahmen bereits jetzt umsetzen. So seien alle 26 integrierten Leitstellen im Freistaat mit akkugepufferter autonomer Stromversorgung ausgestattet. Zusätzlich würden für fünf Millionen Euro Notstromaggregate und für eine Million Euro Satellitentelefone beschafft, um gegen einen großflächigen langanhaltenden Stromausfall gewappnet zu sein.

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So könnten Waldbrände überwacht werden

Nach zwei Jahren Corona-bedingter Zwangspause müssten in allen Städten und Landkreisen jetzt wieder Katastrophenschutzübungen stattfinden, forderte Herrmann. Das Landesinnenministerium testet derzeit ein Satellitenortungssystem zur Waldbrandüberwachung. Außerdem wird untersucht, inwieweit Drohnen zur Überwachung und Bekämpfung von Waldbränden eingesetzt werden können.

21 Millionen Euro für Katastrophenschutz

An der staatlichen Feuerwehrschule Regensburg wird aktuell ein Kompetenzzentrum zur Waldbrandbekämpfung am Boden als Ergänzung des bestehenden Würzburger Kompetenzzentrum für Waldbrandbekämpfung aus der Luft aufgebaut. Insgesamt investiert Bayern in diesem Jahr 21 Millionen Euro in den Katastrophenschutz. In den drei vorangegangenen Jahren waren es 50 Millionen Euro.

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  • Giesing am 17.08.2022 22:13 Uhr / Bewertung:

    Traurig, dass der Staat nicht mal mehr seine Kernaufgaben erfüllt. In Rheinland-Pfalz hat man vor einem Jahr ja leider gesehen, wie katastrophal die Situation ist.

  • Dr. Right am 18.08.2022 07:21 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Giesing

    Kernaufgabe wäre es gewesen, Technologien und Vorgehensweisen zur Bekämpfung der Ursache solcher Katastrophen, der Klimakatastrophe, zu entwickeln. Das hat die CSU allerdings die letzten Jahrzehnte erfolgreich blockiert. Einem anderen jetzt vorzuwerfen, dass man nicht an den Symptomen der mitverschuldeten Ursache herumdilettieren kann, weil einem das Material fehlt, halte ich für unangemessen.

  • tutwaszursocke am 18.08.2022 11:07 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Dr. Right

    Ja, klar. Und da ist es wieder: Rot-Grün kann nichts dafür, die CSU ist an allem schuld. Weltweit, vermutlich.
    Der Grüne Tritin versprach, die Energiewende wird uns nur eine Kugel Eis kosten. Naja, wir sehen es ja.
    Jetzt haben wir in Deutschland nicht nur die teuerste, sondern auch die dümmste Energiepolitik weltweit.

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