Vorsicht Gegenverkehr: Immer mehr Tourengeher auf Skipisten

MÜNCHEN - Ein gefährlicher Trend: Auf vielen Skipisten herrscht mittlerweile Gegenverkehr. Der Grund: Immer mehr Tourengeher benutzen die Pisten zum Aufstieg.
In bayerischen Skigebieten kommt es immer häufiger zu gefährlichen Begegnungen zwischen Skifahrern und Tourengehern. Vor allem zu Saisonbeginn, wenn in den Hochlagen noch Schneemangel herrscht, die Skipisten aber bereits beschneit sind, steigen dort viele Tourengeher auf. „Wir beobachten diesen Trend seit etwa zehn Jahren. Von Jahr zu Jahr nimmt die Zahl der Tourengeher auf präparierten Pisten weiter zu“, sagte Manfred Scheuermann vom Deutschen Alpenverein (DAV). Trotz eines dadurch gegebenen Gefahrenpotentials ist der DAV gegen ein pauschales Verbot von Skitouren auf Pisten.
Nach Angaben des DAV-Experten sind es in erster Linie Einheimische, die am Fuße der Skipisten die Felle aufziehen und bergauf laufen. Viele sehen darin eine gute Möglichkeit, sich vor der Haustür ohne großen Aufwand fit zu halten, sagte Scheuermann. „Es ist ein schnelles Pistenvergnügen. Die Skigebiete sind gut erreichbar, verfügen über ausreichend Parkplätze und bieten meist gute Pistenverhältnisse.“ Und: Tourengeher seien in Skigebieten weniger alpinen Gefahren wie etwa Lawinen ausgesetzt. Die Einkehr in einer Skihütte runde das Vergnügen ab.
Es gibt feste Regeln für Tourengeher auf Skipisten
Würden sich alle Tourengeher an die Regeln halten, die eine Experten-Runde 2003 für das Skitourengehen auf Pisten aufgestellt hat, gebe es die massiven Konflikte zwischen ihnen, den Liftbetreibern und Skifahrern nicht, sagte Scheuermann. Zu diesen Regeln gehört zum Beispiel, nur am Pistenrand aufzusteigen, nicht nebeneinander zu gehen, auf den Skibetrieb zu achten und sich an die Beschilderung und örtlichen Besonderheiten zu halten. „Aber leider ignorieren viele diese Regeln. Einige nehmen sogar ihren Hund mit zum Aufstieg und lassen ihn frei laufen.“ Wenn an manchen Tagen auf Pisten eine dreistellige Zahl von Tourengehern erreicht wird, seien Unfälle unvermeidbar. „Auf einer Piste in Garmisch-Partenkirchen wurden im letzten Jahr an einem Tag 350 Skitourengeher gezählt. Das kann nicht mehr funktionieren.“
Derzeit werde laut Scheuermann nach einer Lösung gesucht, um die Konflikte zu minimieren und Unfällen vorzubeugen. Vor allem die abendliche Pistenpräparierung mit Seilwinde berge für die Tourengeher ein lebensgefährliches Risiko. Das Vorbild von Italien, wo alle Skigebiete für Skitourengeher gesetzlich gesperrt sind, hält der DAV aber nicht für sinnvoll. Vielmehr werde darüber diskutiert, aus Sicherheitsgründen festgelegte Aufstiegsrouten für Tourengeher parallel zur Piste auszuweisen. „Der Tourengeher soll weiterhin die Möglichkeit haben, Skigebiete zu nutzen. Aber er muss sich unterordnen, der zahlende Skifahrer hat auf der Piste Vorrang.“
Birgit Klimke/dpa