Vorbild Tirol? Umgang mit Wölfen in Bayern

An Leidenschaftlichkeit zugenommen hat in Bayern die Diskussion über die "Großen Beutegreifer", vor allem über den Wolf. Nach eigenem Bekunden mit "Schmerzen" hat Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) zur Kenntnis genommen, dass Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) am Schutz des Wolfes in der EU nicht rütteln lassen will. Das "starke Wachstum der Wolfspopulation" werfe die Frage auf, "wie viele Wölfe ein dicht besiedeltes Land verträgt", so Kaniber.
665 Quadratkilometer pro Wolf in Deutschland
Doch nach den Beobachtungen des vom 1. Mai 2021 bis 30. April 2022 reichenden jüngsten Monitoringjahres wurden in Bayern gerade einmal 23 offenbar standorttreue Wölfe registriert, was einem Tier pro 3.070 Quadratkilometer entspricht. Im ungleich kleineren österreichischen Nachbar-Bundesland Tirol tummeln sich 19 Wölfe. Jedes Tier hat hier theoretisch 665 Quadratkilometer Fläche zur Verfügung.
Auffallend ist der deutliche Anstieg der wolfsbedingten Nutztier-Verluste in den vergangenen sechs Jahren. 2021 registrierte das Landesamt für Umwelt im Freistaat 65 vom Wolf getötete Nutztiere - mehr als je zuvor. Auch die dafür gezahlte Ausgleichssumme erreichte mit knapp 14.000 Euro Rekordhöhe.
Wölfe einfach lassen oder "entnehmen"?
Das ist wenig im Vergleich zu den Tiroler Zahlen: 2022 verzeichnet die Bilanz dort 413 tote und 527 vermisste Weidetiere. Die Höhe der Schäden liege bei 235.000 Euro.
86 Prozent der gerissenen Tiere gingen auf das Konto von Wölfen. Der Ruf nach "Entnahme" wird immer lauter. Doch auch dort haben Naturschutzorganisationen erst einmal Abschüsse verhindert, klagt der stellvertretende Tiroler Landeshauptmann und Landwirt Josef Geisler (ÖVP). Nun beschloss der Tiroler Landtag diese Woche mit breiter Mehrheit eine Änderung des Jagdgesetzes. In Tirol testet man seit zwei Jahren Herdenschutz-Projekte und kam - jedenfalls nach Einschätzung von Geisler - zu dem Ergebnis, dass die "Kosten für die Abwehr von Wolfsangriffen in keinem Verhältnis zu den erzielbaren Erlösen" stehe. Für Einzäunung und Bewachung auf den Projektalmen fielen 2022 durchschnittlich 114 Euro je Schaf an. Dem stehen Verkaufserlöse von 130 Euro für Lämmer und 400 Euro für Zuchttiere gegenüber.
Schutzstatus senken
Bayerns Landwirtschaftsministerin versteht die Haltung der Wolfs-Schützerin Lemke auch aus Naturschutz-Sicht nicht: "Mit enormen Steuergeldern sollen (...) Zäune durch die Landschaft gezogen werden, die das Gegenteil von Biotopvernetzung sind", so Kaniber. Die Bundesregierung müsse eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes "rasch auf den Weg bringen".
Zuletzt hatte sich auch das Europaparlament dafür eingesetzt, den Schutzstatus zu senken. Die Internationale Naturschutzorganisation hat den Wolf als "nicht gefährdet" eingeschätzt.