Von wegen Luxushotel: Bau-Blamage in Bad Wiessee

Bad Wiessee - Es sollte das Beste vom Besten eines Luxushotels am Tegernsee werden und dem verschlafenen Kurort Bad Wiessee wieder internationales Flair einhauchen. Doch nun wird bekannt, dass die Investoren knapp bei Kasse sind.
Über Jahre wurde das Hotelprojekt auf dem ehemaligen Jodbadgelände im Kurviertel von Bad Wiessee mit Vorschusslorbeeren bedacht. Zumal die Gemeinde froh war, nach langer Suche einen Käufer gefunden zu haben.

Sports Medicine Group erwirbt Areal für 7,5 Millionen Euro
Für 7,5 Millionen Euro erwarb die Schweizer Sports Medicine Group (SME) das 20.000 Quadratmeter große Areal. Geleitet wird das Unternehmen von zwei Medizinern, Andreas Bänzinger und Florian Kamelger.
Sie hatten in Wiessee Großes vor, der Gemeinderat war begeistert. Er hielt den beiden auch dann noch die Stange, voran der einstige Bürgermeister Peter Höß (Wiesseer Block), als man nach mehr als zwei Jahren auf dem Areal nichts von einem Hotel mit 121 Zimmern sah, ebenso wenig von einem Wellnessbereich und mehreren Gastronomiebetrieben sowie einem Medizinzentrum.
Während man in Wiessee auf einen Baubeginn hoffte, steckten Bänziger und Kamelger ihr Geld in eine Aston-Martin-Erlebniswelt für 13 Millionen Franken in St. Gallen.
Niemand im Wiesseer Rathaus fragte nach Referenzen der Orthopäden in Sachen Klinik- und Hotelbau oder welches Projekt sie denn bereits fertiggestellt hätten. Wäre dies geschehen, so hätte man vom Amtskollegen im schweizerischen Rehetobel erfahren, dass SME in seiner Gemeinde nicht einmal eine 30-Betten-Klinik zustande brachte.
Die Referenzen existieren wohl gar nicht
Man ließ sich am Tegernsee von dem Begriff Sportsclinic blenden, mit dem die beiden Geschäftsführer auf der SME-Homepage hausieren gingen. Überall hätten sie Dependancen, auch in Deutschland und Österreich.
Was Wiessees Rathaus-Chef 2014 als Referenz zu sehen bekam, war nur eine ambulante Praxis von SME. Doch dies allein überzeugte ihn offenbar von der "fachlichen Kompetenz" der Investoren.
Eine Sportsclinic gab es nie, wie der einstige Weggefährte von Kamelger, Prof. Dr. Christian Fink, sagte. "Es gibt keine Klinik, keine aktive Praxis mehr, nur einen Namen."
Doch in Wiessee nahm man diese Tatsache nicht zur Kenntnis und hielt unverdrossen an SME fest. Auf Taten wartet man in Wiessee bis heute vergebens, zumal SME auch einen Baustopp vor einem Jahr veranlasste.
Dafür wurden noch Differenzen mit dem Landratsamt bei der denkmalgeschützten Wandelhalle vorgeschoben. Jetzt muss für den Baustopp die nicht erreichbare Wirtschaftlichkeit der ambulanten Klinik herhalten. Laut Kamelger, der jetzt zum Rapport in den Gemeinderat einbestellt wurde, würden sich in der Corona-Krise die Banken abwenden, wenn es um die Finanzierung eines Hotelprojekts gehe.
Bis Ende des Jahres will die Gemeinde neue Informationen
SME müsse den Geldgebern ein wirtschaftlich schlüssiges Konzept liefern. Dafür brauche man nun einen potenten Partner. Der anfänglichen Euphorie im Gemeinderat ist nun doch Ernüchterung gewichen, denn die Fertigstellung sollte eigentlich in diesem Jahr erfolgen.
"Bis Herbst oder Ende des Jahres", erklärte jüngst Wiessees neuer Bürgermeister Robert Kühn (SPD), "will Herr Kamelger mit Neuigkeiten aufwarten."
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