Von Staatsmännern und Prinzlingen: Horst Seehofer in China

Nein, auf dem Prinzen-Thron will Horst Seehofer in Peking nicht Platz nehmen – auch wenn er zu Hause in Bayern jetzt sein eigener Nachfolger ist. Seehofer verfolgt auf seiner China-Reise andere Ziele.
Christoph Trost/dpa |
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Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer spricht in der Deutschen Botschaft in Peking (China) bei einem Empfang.
Sven Hoppe/dpa Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer spricht in der Deutschen Botschaft in Peking (China) bei einem Empfang.

Nein, auf dem Prinzen-Thron will Horst Seehofer in Peking nicht Platz nehmen – auch wenn er zu Hause in Bayern jetzt sein eigener Nachfolger ist. Seehofer verfolgt auf seiner China-Reise andere Ziele.

Jetzt sorgt sich sogar schon die chinesische Staatsführung um die politische Zukunft von Horst Seehofer. "Ich wünsche Ihnen eine Wiederwahl", sagt Vizepremierminister Ma Kai am Mittwoch in Peking in seinen Begrüßungsworten für den bayerischen Ministerpräsidenten, der bei der Landtagswahl 2018 noch einmal antreten will. Wohl ohne von den mitgereisten bayerischen Oppositionspolitikern zu wissen oder an sie zu denken, fügt der Gastgeber sogar hinzu: "Das wünschen Ihnen alle hier im Raum." Seehofer freut sich und bedankt sich nachher "für jeden Satz".

Die höflichen Worte können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es um knallharte Themen geht: die Wirtschaftspolitik, die Situation bayerischer Unternehmen in China. Ein Signal für freien Welthandel und gegen Abschottung wolle er setzen, das hatte der bayerische Ministerpräsident kurz vor dem Treffen angekündigt.

Es geht auch um viel Geld: China ist der drittgrößte Handelspartner Bayerns weltweit. Viel zu besprechen also – auch wenn Seehofer, der sonst von Terminen bei Staatspräsidenten und Premierministern arg verwöhnt ist, mit dem Vize vorliebnehmen muss.

Seehofers erste Reise nach dem Rücktritt vom Rücktritt

Es ist Seehofers erste Reise, seit er zu Hause die Verhältnisse sortiert und zurechtgerückt hat. Ende April gab er bekannt, nun doch über 2018 hinaus als Ministerpräsident und CSU-Chef weitermachen zu wollen. Kurz vor seinem Abflug nach Peking ließ er seinen Innenminister Joachim Herrmann zum Spitzenkandidaten der CSU für die Bundestagswahl im September küren. All das bedeutet auch, dass sich sein aussichtsreichster Nachfolgekandidat, Finanzminister Markus Söder, weiterhin in Geduld üben muss.

Der CDU-Sieg bei der Schleswig-Holstein-Wahl am vergangenen Sonntag gibt auch Seehofer Auftrieb. Die Union mit Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel wieder auf der Siegesstraße, SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz auf dem absteigenden Ast? Klar, jetzt steht noch die NRW-Wahl an. Doch Seehofer wirkt im fernen Peking ob all der Ereignisse der vergangenen Wochen so locker, aufgeräumt und zufrieden wie lange nicht.

Das war schon zum Auftakt seines China-Aufenthalts spürbar. Da stehen erst einmal keine "harten" Termine an. Seehofer besucht mit seiner Delegation die Residenz des Prinzen Gong aus der Qing-Dynastie. Er lässt sich geduldig das Anwesen erklären, nimmt an einer Tee-Zeremonie teil, bestaunt Artisten, die zu Ehren der bayerischen Gäste ihr Können präsentieren. Seehofer, ohne Krawatte unterwegs, scheint diese Art Auszeit richtig zu genießen. Bereitwillig berührt er einen Stein mit dem chinesischen Zeichen für Glück als Inschrift.

"Sehr wichtige Persönlichkeiten"

Nur auf einer Art Thron, den ihm die Gastgeber präsentieren, will er partout nicht Platz nehmen. "Sehr wichtige Persönlichkeiten" seien dort schon gesessen, werben sie. Nein, Seehofer weigert sich. Weil es "nur" der Stuhl eines Prinzen ist? Oder weil es doch arg nach Thron und Herrschaft aussieht? Seehofer schmunzelt. "Ich wüsste schon ein paar, die hätten schon längst Platz genommen", sagt er im Gehen und freut sich selbst über diese kleine Spitze gegen seinen "Prinzen" Markus Söder – auch wenn er dessen Namen nicht in den Mund nimmt.

Ob er sich angesichts der chinesischen "Prinzlinge" an zu Hause erinnert fühle, wird Seehofer nachher gefragt. "Wir sind jetzt froh, dass wir keinen Anlass zu solchen Scherzen haben", sagt er schmunzelnd und betont: "Es ist alles, soweit ich vorausschauen kann, geregelt. Deshalb müssen wir jetzt nicht spekulieren."

Die Debatten um die Zukunft von Söder, Karl-Theodor zu Guttenberg und Seehofer (wie lange macht er jetzt noch?), der Bundestagswahlkampf, das Ringen mit der Kanzlerin um ein gemeinsames Unions-Wahlprogramm – all diese Fragen lassen Seehofer auch in China nicht los, jedenfalls nicht hinter den Kulissen. Tatsächlich ist die Bundestagswahl im Herbst die wichtigste Wegmarke in diesem Jahr, auch für ihn selbst.

Lesen Sie auch: AZ-Interview - Markus Rinderspacher: "Seehofer täuscht die Wähler"
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