Von Heesen gibt auf
NÜRNBERG - Keine Lobby, kein Erfolg - der Club-Coach wirft das Handtuch. Co-Trainer Oenning gegen Aachen auf der Bank. Kommt Wolfgang Wolf zurück? Der sagt: „Nürnberg ist eine interessante Geschichte“
Aus und vorbei. nach nur sieben Monaten verlässt Trainer Thomas von Heesen den Club, auf eigenen Wunsch. Der 46-jährige gebürtige Höxter, beim Hamburger SV bekannt geworden, der den 1. FCN am 11. Februar von Hans Meyer übernommen hatte, fühlte sich in Franken nicht wohl, hatte keinerlei Lobby bei den FCN-Fans – und auch keinen Erfolg.
„Der Rücktritt ist das Beste für ihn und den Club“, kommentierte FCN-Chef Michael A. Roth den Abgang des Trainers von seinem Urlaubsort am Gardasee aus. „Der Abstieg war eine große Enttäuschung, der Start in die zweite Liga auch. Manager Martin Bader hat mich informiert, dass von Heesen nicht mehr mit den Nürnbergern kann.“ Auch der Mannschaftsrat um Kapitän Andreas Wolf und Vize Raphael Schäfer und Marek Mintal hatte sich gegen von Heesen ausgesprochen. Schäfer: „Der Trainer hatte keine Wahl bei der Stimmung, die gegen ihn gemacht wurde.“
Präsident war per Telefon zugeschaltet
Also wird der Vertrag mit von Heesen (Laufzeit bis Juli 2009) aufgelöst. Dies genehmigte Aufsichtsrat und Präsidium in einer Sitzung unter der Leitung von Franz Schäfer am gestrigen Abend. Roth war telefonisch zugeschaltet. „Wenn alle Stricke reißen, dann muss man sich halt etwas anderes überlegen“, kommentierte von Heesen seinen Abgang. „Aufgrund der jetzigen Situation, die eine von mir nie für möglich gehaltene Eigendynamik entwickelt hat, habe ich mich entschlossen, meinen Posten zur Verfügung zu stellen.“ Gestern um 17.19 Uhr fuhr Teammanager Boban Pribanovic von Heesens Gepäck zum Flughafen.
Zu diesem Zeitpunkt haben sie beim Club schon überlegt, wer von Heesen beerben soll. „Co-Trainer Michael Oenning nicht, der ist zu nah an von Heesen dran“, beschied Roth und erteilte auch Hans Meyer, den viele, vor allem ältere FCN-Freunde gerne wieder haben möchten, eine Absage. „Hans Meyer hat doch stets betont, nicht in der Zweiten Liga arbeiten zu wollen“, so Roth. „So einen werden wir bestimmt nicht zurückholen, außerdem stehen wir ihm in einer gerichtlichen Auseinandersetzung gegenüber.“ Am 12. September ist die erste Anhörung. Meyer will rund 1,8 Millionen Abfindung vom Club.
Wolf spürt "wieder das Kribbeln"
Drei Kandidaten scheinen dagegen in der engeren Auswahl zu sein. Einer ist ein guter Bekannter. Wolfgang Wolf (50), vom 30. April 2003 bis 31. Oktober 2005 erst Trainer und Manager, dann nur noch Trainer beim 1. FCN. Wolf schaffte mit dem Club 2004 Platz eins in Liga zwei und stieg in die Bundesliga auf. Wolf holte 2003 den jetzigen Sportdirektor Martin Bader zum 1. FCN, die beiden sind seit ihrer gemeinsamen Arbeit in Nürnberg befreundet. Wolf wollte sich an den Spekulationen nicht beteiligen, gab aber ehrlich zu, dass er nach seiner langen Pause seit seiner Entlassung in Kaiserslautern am 11. April 2007 sehr wohl bereit sei, einen Job anzunehmen. „Mein Haus in der Pfalz ist fertig, ich spüre wieder das Kribbeln, und Nürnberg ist eine interessante Geschichte.“
Kandidat Nummer zwei könnte Wolfgang Sidka (54) sein. Der Berliner, der es als Aktiver auf 333 Bundesligaspiele für Hertha BSC, 1860 München und Bremen brachte, arbeitete als Trainer in Oldenburg, bei Werder Bremen und in den Arabischen Emiraten, möchte gerne in die Bundesliga zurück. Sidka ist mit Club-Koordinator Dieter Nüssing befreundet und war erst kürzlich in Nürnberg. Ein ganz heißes Eisen könnte auch Petrik Sander (47) sein, der am 23. September 2007 trotz sehr guter Arbeit in Cottbus entlassen wurde. FCN-Aufsichtsratssprecher Klaus Schramm: „Ein interessanter Mann, aber wir wollen keinen Schnellschuss.“
Oenning gegen Aachen auf der Bank
Deshalb wird wohl am Sonntag beim Spiel gegen Alemannia Aachen der von Roth abgelehnte, bisherige Co-Trainer Michael Oenning die Mannschaft betreuen. Vielleicht nicht Oennings letzter Auftritt, denn aus Roths Umfeld drang, entgegen seiner öffentlichen Aussage, ein gewagtes Modell durch: Trainer Oenning, Manager Hans Meyer. Nur ein Sparmodell, um die Abfindung für den „Harten Hans“ nicht leisten zu müssen? Der Mannschaft wird’s recht sein, denn Oenning steht bei den Profis hoch im Kurs: Eloquent, fröhlich, fachkundig. Und auch im Umfeld genießt der 42-jähriger Münsterländer einen recht guten Ruf als umgänglicher Zeitgenosse. Was will Club mehr? ERG/MH