Von Brunn poltert: Staatsregierung nimmt Probleme im Oberland nicht ernst

München - Die bayerischen Alpen und ihre Bewohner hatten in den letzten Monaten mit einem massiven Besucheransturm zu kämpfen. Das hat freilich auch der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Florian von Brunn mitbekommen.
Er äußerte am Freitag Verwunderung über die Bayerische Staatsregierung und deren "fehlendes Problembewusstsein" und "völlige Konzeptlosigkeit", wie eine Antwort auf eine entsprechende Anfrage gezeigt habe.
Zoff zwischen Stadt und Land: Regionen wie Oberstdorf würden allein gelassen
"Die Staatsregierung stellt ‚nirgendwo chaotische Zustände' fest - ein durchschaubarer Versuch, die Situation einfach schön zu reden", kritisiert von Brunn. Er sei verärgert wie die Staatsregierung mit den Anliegen der Menschen vor Ort umgehen würde, etwa was Probleme, wie das Verkehrsaufkommen, die Parksituation, Wild-Camper oder Vermüllung anbelange. Regionen wie Oberstdorf oder Garmisch-Partenkirchen würden damit allein gelassen. Der öffentliche Verkehr dort müsse ausgebaut, das Personal der örtlichen Polizei aufgestockt werden, so die Forderung.
Thorsten Schär, Geschäftsleiter des Unternehmens Alpenregion Tegernsee Schliersee (ATS), sagte der AZ: "Wir stellen fest, dass bei Ausflüglern schon ein Umdenken stattfindet." Seit Dezember waren in der Region Ranger unterwegs, die Ausflügler beispielsweise auf die Schutzzonen der Berge hingewiesen haben. "Das wurde gut angenommen", sagt der ATS-Geschäftsleiter.

Chaossituationen und großen Besucherandrang habe es vereinzelt gegeben, verstärkt durch die Corona-Situation. Sie seien aber nicht die Regel. "Vom Staat kann man nicht erwarten, kurzfristig maßgeschneiderte Lösungen für uns als Region zu finden. Die müssen wir regional stemmen", so Schär. Längerfristig könne die Zusammenarbeit mit der Regierung, etwa durch bessere Vernetzung und Förderangebote noch wachsen.
Immer mehr Ausflügler: Kluge Verkehrskonzepte müssen her
Von der Regierung allein gelassen fühle sich Schliersees Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer nicht, sagte er der AZ. "Wir versuchen schon, die Gäste, die sich bei uns erholen möchten, mit offenen Armen zu empfangen." Herausforderungen, die im Zusammenhang mit Tourismus stünden, wie ein neues Verkehrskonzept, seien ein "regionales Thema" und müssten landkreisweit bearbeitet werden.
Selbstverwaltung werde von Kommunen gar gewünscht. "Wenn es Probleme gibt, kann man nicht einfach sagen, das muss ein anderer lösen." Der Drang in die Natur sei bei vielen Menschen pandemiebedingt groß gewesen, sagt die Sprecherin der Alpenbahnen Spitzingsee Antonia Asenstorfer der AZ. Und eine fehlende Infrastruktur trotz des Betriebsverbots des Skigebiets spürbar.
Landrat von Löwis wird beschimpft und bedroht
Langfristig müsse man mehr kluge Verkehrskonzepte entwickeln. "Das können wir als Betreiber nicht alleine leisten." Das Skigebiet wünsche sich besonders "von der Regierung das Vertrauen, den Betrieb zeitnah öffnen zu können". Hygienekonzepte seien für den Sommerbetrieb ausgearbeitet. "Die Perspektivlosigkeit macht uns wirklich zu schaffen."
Und Miesbachs Landrat, Olaf von Löwis, der wegen des ausufernden Tagestourismus im Dezember noch eine Brand-SMS an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geschrieben hatte, möchte sich auf AZ-Anfrage nicht äußern. Das Thema sei "überstrapaziert" worden, so eine Sprecherin. Offenbar mit Folgen: "Herr Landrat, seine Familie und insbesondere seine Frau wurden über sämtliche Grenzen des Geschmacks hinweg beschimpft und bedroht, sodass aktuell sogar der Staatsschutz ermittelt."