Vom Priester zum prorussischen Kämpfer?: Haft droht

Ein Deutsch-Russe soll in St. Petersburg ein Training für den Kampf im Kriegsgebiet Ostukraine durchlaufen haben. Weite Teile der Anklage räumt er ein. Doch es bleiben auch Fragen offen.
von  dpa

München (dpa/lby) - Weil er mit einer prorussischen Nationalisteneinheit für den Kampf im Kriegsgebiet Ostukraine trainiert haben soll, droht einem Deutsch-Russen eine Haftstrafe. Für eine umfassende Aussage stellte das Landgericht München I dem 48-Jährigen am Mittwoch eine Haft von zwei bis zweieinhalb Jahren ohne Bewährung in Aussicht. Die Anklage habe eine Vereinbarung mit dem Gericht getroffen, hieß es in der Verhandlung. Das Urteil wird für Donnerstag erwartet.

Der Mann muss sich unter anderem wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat verantworten. Über seinen Verteidiger räumte er ein, im August 2014 nach St. Petersburg gereist zu sein, um mit der nationalistischen Gruppe Imperiale/Kaiserliche Legion in der Ostukraine zu kämpfen. Die Gruppierung ist im Ukraine-Konflikt bislang kaum in den Schlagzeilen gewesen.

In der ostukrainischen Bergbauregion Donbass kämpfen seit 2014 moskautreue Separatisten gegen ukrainische Regierungstruppen. Russland wird vorgeworfen, die Aufständischen mit Waffen und Soldaten zu versorgen, was die Regierung aber bestreitet. In dem Krieg wurden nach Schätzungen der Vereinten Nationen seitdem rund 13 000 Menschen getötet.

Der Angeklagte bestritt, während seines rund zweiwöchigen Aufenthalts in Russland eine Kampf- und Waffenausbildung erhalten zu haben, wie es ihm die Münchner Generalstaatsanwaltschaft vorwirft. Der Anklage zufolge soll er an Gewehren und Pistolen ausgebildet worden sein. Fotos zeigen ihn in einer Uniform und vor einer Fahne der Gruppe.

Nach der Ausbildung sei der Mann in die Ukraine gereist und dort bis zum November 2014 geblieben. Sein Anwalt Joachim Schwarzenau äußerte sich nicht zu der Frage, ob sein Mandant dort tatsächlich gekämpft hat. Wegen dieses Vorwurfs laufe ein Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft. Der Angeklagte sagte vor Gericht, er habe die Ideologie der Gruppe nicht geteilt. Auch dies sieht die Staatsanwaltschaft anders. Dem Deal stimmte sie jedoch zu.

Der Mann stammt nach eigener Darstellung aus Moskau und war Priester der russisch-orthodoxen Kirche. 2002 kam er nach Ingolstadt und arbeitete dort sechs Jahre lang als Geistlicher. Vorübergehend sei er zum Islam übergetreten und habe in verschiedenen Berufen gearbeitet, schilderte er. 2014 habe er sich entschlossen, mit der sogenannten Imperialen/Kaiserlichen Legion zu kämpfen, in der sein Onkel eine Führungsposition innehatte. Nach dem Aufenthalt in Russland und der Ukraine habe er in Griechenland als Mönch gelebt.

Im Juni 2018 wurde er mit einem Haftbefehl festgenommen, als er versuchte, nach Bulgarien einzureisen. Die deutschen Ermittler waren auf den Angeklagten aufmerksam geworden, nachdem sein Onkel dem russischen Staatssender RT ein Fernsehinterview gegeben hatte.

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