Volksfest-Boxen: Bier, Schweiß und Tränen

Riesenandrang im Oxenzelt: Zwölf Männer und zwei Frauen maßen im Ring ihre Kräfte. Bei den K1-Fights setzte es drei K.-o.-Siege und einen fiesen Tiefschlag.
von  Abendzeitung

Riesenandrang im Oxenzelt: Zwölf Männer und zwei Frauen maßen im Ring ihre Kräfte. Bei den K1-Fights setzte es drei K.-o.-Siege und einen fiesen Tiefschlag.

NÜRNBERG Spätestens nach Kampf Nummer drei ist das Bierzelt auf Betriebstemperatur. Schon um 11 Uhr Vormittag kocht die Stimmung. Schuld ist der Ring in der Mitte von Herrmann Murrs Oxenzelt. Denn hier wird seit dem letzten Volksfest wieder nach guter alter Kirmes-Sitte geboxt.

Allerdings nicht gemäß des klassisch-olympischen Regelwerks. Stattdessen war – bis auf einen traditionellen Boxkampf – Kickboxen im asiatischen „K1“-Modus angesagt. Klar: Wenn nicht nur die Fäuste fliegen, sondern auch die Füße, ist das wesentlich härter, schneller, spektakulärer. Der Eintritt zur Kampfsport-Show war kostenlos, verpflichtend war lediglich Bier- und Bratwurstkonsum in Höhe von fünf Euro.

Während sich das Volk warm trinkt, wärmen sich die Gladiatoren – eingepfercht in einer Nische des Festzelts – mit ihren Trainern auf, so gut das eben geht auf ein paar Quadratmetern, mit dem Gegner auf Tuchfühlung. Das Volksfestboxen ist eben kein WM-Kampf und das Oxenzelt keine Sport-Arena. Bier, Schweiß und Tränen.

Erster Kampf, erste Niederlage - aber „ich mache auf jeden Fall weiter“, meint Jessika

Zünftig ging’s zur Sache: In sieben 3 mal 2-Minuten-Kämpfen drei K.O.s, ein äußerst schmerzhafter Tiefschlag zwischen die Beine des Nürnberger Dril Durako und eine äußerst engagierte Mutter, die die Niederlage ihres Sohnes Benno Keller trotz energischster Zurufe von außen nicht verhindern konnte.

Die meisten der 14 Kämpfer bewiesen ein echtes Kämpferherz und großen Sportsgeist – aber Taktik? Technik? Meist Fehlanzeige. Als sich Durako etwa nach dem Hieb ins Gemächt erholt hatte, verspielte er den greifbaren Sieg durch hektische Rache-Attacken gegen seinen Kontrahenten Alexander Schmucker. Endergebnis: unentschieden. Beim einzigen Boxkampf des Vormittags ging der Nürnberger Jonas Urban seinen Kontrahenten Sercan Jardas aus Lemgo schon in der ersten Runde so eifrig an, dass er keine Minute später atemlos in den Seilen hing, und ein technisches K.O. Schlimmeres verhinderte.

Auch zwei Frauen durften sich prügeln: Die Erfurterin Judith Ortmann mit Lokalmatadorin Jessika Matteis. Wobei die 23-jährige Nürnbergerin ziemlich deutlich den Kürzeren zog. „Das war auch mein erster Kampf heute“, sagt sie, als alles vorbei ist. Zum Kickboxen kam sie vor einem Jahr, wie und ob die kämpfenden Frauen in Deutschland organisiert sind, weiß sie nicht. Dafür aber: „Ich mache auf jeden Fall weiter.“

Gerne auch im Bierzelt.

Steffen Windschall

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