Vilsbiburg: Bademeister rettet Johannes (11) das Leben
VILSBIBURG - Johannes (11) stürzt in Vilsbiburg vom Zehn-Meter-Turm – ein Bademeister-Azubi rettet ihm das Leben. Hätte er nicht blitzschnell reagiert, wäre der Bub wohl aus zehn Metern Höhe auf den Beton geknallt.
So recht kann er es noch nicht glauben. „Das muss ich alles erst mal verarbeiten“, sagt Martin Aicher. Der blonde Sonnyboy lächelt verlegen, dann schaut er hinauf zum Zehn-Meter-Turm. Dort oben, im Freibad des niederbayerischen Örtchens Vilsbiburg, wurde der 18-Jährige zum Held, zum Lebensretter in Badehosen. Dort hat er den elfjährigen Johannes H. vor dem Tod bewahrt.
Am Dienstag gegen 17 Uhr steht Martin Aicher auf dem Siebeneinhalb-Meter-Brett und wacht über die Badegäste. Seit zwei Jahren macht er eine Ausbildung zum Bademeister. Über ihm springen Kinder jauchzend vom Zehn-Meter-Turm in die Tiefe. Nur einer nicht. „Mindestens eine Minute stand der Junge da", erinnert sich Martin. Es ist Johannes H. Er hat Angst und will nicht springen.
Als Johannes an ihm vorbeisaust, schubst er ihn Richtung Wasser
Plötzlich drängelt ein zweiter Bube von hinten, rennt an Johannes vorbei. Der gerät in Panik, taumelt und klammert sich ans Geländer – umsonst. Johannes stürzt in die Tiefe, unter ihm die harten Betonplatten am Boden . „Ab da lief alles wie in Zeitlupe“, sagt Martin. Als Johannes an ihm vorbeisaust, schubst er ihn mit beiden Händen in Richtung Wasser. Es gelingt ihm nur halb: Johannes stürzt nicht auf die Betonplatten, sondern schlägt mit dem Rücken genau auf die 40 Zentimeter breite Überlaufrinne aus Hartplastik. Die zerbricht mit lauten Krachen, federt aber den Sturz ab.
Sein Oberschenkel ist gebrochen, seine Lungen sind geprellt
„Es war furchtbar zu sehen, wie er fällt – und dass ich ihn nicht festhalten konnte", sagt Martin Aicher. Er sieht Johannes am Boden, der schwer verletzte Bub ist völlig geschockt, stammelt mit aufgerissenen Augen etwas, was Martin nicht verstehen kann. Da erkennt Martin: Seine Reaktion war nicht vergebens, Johannes hat überlebt.
Warum er überhaupt da oben war, ist unklar. War es eine dumme Mutprobe, die ihm fast das Leben gekostet hätte? Josef Eckl, Leiter der Polizei Vilsbiburg: „Laut Zeugen wurde der Junge nicht berührt." Auch Martin glaubt nicht daran. „Er hatte einfach Angst."
Ein Hubschrauber bringt Johannes in die Intensivstation des Krankenhauses Landshut-Achdorf. Sein Oberschenkel ist gebrochen, seine Lungen sind geprellt. Johannes hat schwere innere Verletzungen, ist aber ansprechbar. Und er lebt. Martin ist erleichtert: „Ich bin so froh, dass er außer Lebensgefahr ist.“ Trotz seiner Heldentat ist es nicht sicher, ob Martin Aicher am Ende seiner Ausbildung übernommen wird. „Vielleicht darf ich nach der Aktion bleiben“, sagt er. Es wäre ihm zu wünschen: Der junge Lehrling hat ein Leben gerettet – und das ist schließlich der Job eines Bademeisters.
Reinhard Keck
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