Vier Tage ohne Essen: Vermisster 86-Jähriger nach Wanderung im Alpspitzgebiet gerettet

Garmisch-Partenkirchen - Keinerlei Proviant, Wasser aus Waldquellen, kein Handy und nachts alleine hoch in den Bergen im Alpspitzgebiet. Und das für mehrere Tage. Was für die meisten Menschen ohnehin schon eine große Prüfung wäre, erscheint im Falle eines 86-Jährigen wie ein sicheres Todesurteil.
Doch es kam anders: Der für vier Tage als vermisst gemeldete Pfälzer Norbert J. hat überlebt! Am Sonntagnachmittag hatte ein Mountainbike-Fahrer ihn auf seiner Tour erschöpft, aber wohlauf entdeckt.
Wanderer im Alpspitzgebiet vermisst: Intensive am Boden und in der Luft
Dabei hatte eigentlich alles ganz harmlos begonnen: Der 86-Jährige war am Mittwoch von Speyer nach Garmisch-Partenkirchen aufgebrochen, um dort die Alpspitze zu besteigen. Am Abend hatte er noch Kontakt zu seiner Frau und gab an, die Nacht auf dem Berg verbringen zu wollen, um dann am Folgetag abzusteigen. Doch anschließend ließ er nicht mehr von sich hören.

Seine Frau meldete ihn deshalb am nächsten Tag als vermisst. Eine intensive Suche am Boden und aus der Luft sowie eine Öffentlichkeitsfahndung wurde von der Garmischer Bergwacht und Polizei angestoßen. Erfolglos. Am Freitag gegen 14 Uhr stellten die Einsatzkräfte ihre Suche ein.
Bergwanderer bei Garmisch-Partenkirchen verschollen: "Hat sich aufgrund seines Alters überschätzt"
Währenddessen irrte der 86-Jährige durch das Alpspitzgebiet. Wo genau er die Nächte verbrachte, konnte er der Polizei zufolge nicht angeben. Der Mann hatte weder Essen noch Trinken dabei, weshalb er an Wasserstellen im Wald seinen Durst stillen musste. Und obendrein verlor er auch noch sein Mobiltelefon.
Warum der 86-Jährige sich verlaufen hatte, konnte die Polizei auf Nachfrage der AZ nicht beantworten. Der Pressesprecher der Polizei Garmisch-Partenkirchen, Paul Klette, vermutet jedoch: "Wir müssen davon ausgehen, dass er sich aufgrund seines Alters überschätzt hat." Der Mann sei vom Einbruch der Nacht überrascht worden und habe dann den falschen Weg genommen. Und das, obwohl er laut Polizei bergerfahren und schon häufiger in den Alpen unterwegs gewesen ist.
Eine Selbstversorgerhütte des Deutschen Alpenvereins brachte die Rettung
Die an der Suche beteiligte Bergwacht betont im Gespräch mit der AZ, wie wichtig es in jedem Fall sei, seine Touren vernünftig zu planen: Wie ist das Wetter? Wo und wann kann ich einkehren? Wo kann ich übernachten? Und ganz wichtig: Proviant und passende Ausrüstung mitnehmen! Ein Rucksack mit Essen und ausreichend Getränken ist Pflicht. Gerade im hohen Alter sind Wanderstöcke zu empfehlen, damit die Knie entlastet werden. Die Polizei rät zudem zu einer mobilen Ladestation fürs Handy oder zu einem zweiten als Ersatz.
Weiter empfiehlt die Polizei im Falle einer Vermisstensuche, oft frequentierte Wege aufzusuchen, um so von anderen Wanderern gefunden zu werden. So konnte schließlich auch der 86-Jährige von einem Radfahrer entdeckt werden: Er war auf eine Forststraße unterhalb der Stuibenhütte, eine Selbstversorgerhütte des Deutschen Alpenvereins, gestoßen und hatte sich dort stark erschöpft hingelegt. Ein Notruf wurde abgesetzt, der Vermisste konnte seine Frau durch einen Anruf beruhigen und anschließend im Krankenhaus untersucht werden.
"Ungewöhnlicher Fall": Polizei rechnete nicht mit Rettung des vermissten Wanderers
Ein für die Polizei erfreuliches, aber durchaus auch überraschendes Happy End. "Ich persönlich habe sowas noch nicht erlebt", sagt Polizeisprecher Klette. Vier Tage im alpinen Gelände verschollen zu sein und wohlauf wieder aufzutauchen, sei ein "ungewöhnlicher Fall". Zwar finde die Polizei die Vermissten in den allermeisten Fällen. Aber nicht immer lebendig.
Wer gerne Wandern geht, aber nicht solche Horror-Tage erleben möchte, sollte laut Garmischer Polizei besser nicht alleine aufbrechen. So ist es sicherer und bei der richtigen Begleitung auch spaßiger.