Verweigern private Sicherheitsdienste Flüchtlingen die Einreise?

Kufstein - Eva Gottstein, oberbayerische Landtagsabgeordnete der Freien Wähler, ist kürzlich mit dem Zug vom österreichischen Grenzstädtchen Kufstein nach München gefahren. Was sie da erlebt hat, gefällt der Politikerin überhaupt nicht. Noch bevor sie überhaupt in den Meridian-Zug einsteigen darf, wird ihr Ausweis überprüft – von einem privaten Sicherheitsdienst. Wie sie dem BR erzählt, sei sie seitens des Sicherheitsdienstes sehr rüde dazu aufgefordert worden, ihre Papiere herzuzeigen.
Razzia am Euroindustriepark Sicherheitsdienst hat Flüchtlinge in München erpresst
Gottstein wehrt sich zunächst dagegen und weist das Sicherheitspersonal darauf hin, dass nur die Polizei befugt ist, Ausweiskontrollen durchzuführen. Irgendwann darf sie dann den Zug nach München besteigen. Während ihres Aufenthaltes am Bahnsteig beobachtet sie, dass vor allem Asylbewerber und Flüchtlinge von dem Sicherheitsdienst schlecht behandelt und an der Reise mit dem Zug gehindert werden.
Welche Rolle spielt die Bundespolizei bei diesen Kontrollen?
Das Vorgehen des privaten Personals steht für Gottstein in keinem Verhältnis zur menschlichen und fachlichen Kompetenz von Bundes- und Landespolizei. Denn Umgangston, Bemühen um sprachliche Verständigung oder das Erkennen von gültigen Papieren aus dem Ausland dürften nicht auf der Strecke bleiben. „Ich habe das Gefühl, dass man hier über Sicherheitspersonal ganz klar eine billige Lösung hat, um zu kontrollieren, wer nach Deutschland fährt. Das ist nicht im Sinne unserer Gesellschaft“, sagt Gottstein.
Eine Frage ist, welche Rolle die Bundespolizei bei dem Einsatz des Sicherheitsdienstes entlang der Meridian-Strecke von Kufstein nach Deutschland spielt. Der BR verweist dabei auf Angaben aus Bundespolizei-Kreisen, wonach die Polizei im vergangenen Herbst Bahnbetreiber zu einem Gespräch gebeten hat, in dem die Polizei diese vor die Alternative stellte, entweder zu verhindern, dass illegale Flüchtlinge in großer Zahl in den Zügen sind oder zu akzeptieren, dass die Bundespolizei die Züge zum Beispiel in Rosenheim für ausführliche Kontrollen längere Zeit anhält.
Auf AZ-Anfrage bestätigt die Bundespolizei, dass ein solches Gespräch stattgefunden hat. Es sollte nach Lösungen gesucht werden, wie der Zugverkehr trotz der vielen Flüchtlinge in den Zügen wieder einigermaßen normal rollen kann.
Die Bundespolizei hat den Betreibern nur eine Empfehlung gegeben
Laut Rainer Scharf, Pressesprecher der Bundespolizei Rosenheim, habe aber eine Übertragung der Befugnis zur Ausweiskontrolle an einen privaten Sicherheitsdienst seitens der Bundespolizei niemals stattgefunden. „Nach wie vor werden die Kontrollen auf deutscher Seite ausschließlich von Beamten der Bundespolizei durchgeführt.“
Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann behauptet in einer Antwort auf eine Landtagsanfrage der Freien Wähler, dass seitens der Bundespolizei „keine hoheitlichen Aufgaben, insbesondere der Grenzkontrolle, auf private Eisenbahnverkehrsunternehmen übertragen“ worden seien. Für die Ausgestaltung der von der Bundesregierung angeordneten Grenzkontrollen sei die Bundespolizei zuständig. Allerdings räumt Rainer Scharf ein, dass die Bundespolizei auf österreichischer Seite keine Kontrollbefugnis hat und gegenüber den Bahnbetreibern – darunter auch Meridian – eine Empfehlung ausgesprochen wurde, dass die Betreiber selbst mit ein Auge darauf haben sollten, wer in Österreich in die Züge steigt.
Rainer Scharf erklärt, dass der Sicherheitsdienst lediglich eine Vorab-Überprüfung der Zugreisenden vornehme: „Die richtige Kontrolle in Rosenheim machen wir.“ Den Nutzen dieser Kontrollen erklärt er an einem fiktiven Beispiel: Wenn die Beamten in Rosenheim von dem Sicherheitsdienst gemeldet bekämen, dass eine zehnköpfige Gruppe Eritreer unterwegs nach Deutschland sei, wüssten die bereits vorab Bescheid, dass sie da genauer kontrollieren müssten.
Der Sicherheitsdienste verweigert also keinem Flüchtling die Einreise nach Deutschland?
Diese Frage will Scharf offensichtlich nicht wirklich verneinen, weshalb er das Ganze folgendermaßen umschreibt: Das Hausrecht für die Züge liege bei Meridian, die den Sicherheitsdienst engagiert hat. Wie also wählt der Sicherheitsdienst aus, wer in den Zügen mitfahren darft?
Bernd Rosenbusch, Geschäftsführer der Bayerischen Oberlandbahn, erklärt der AZ dass Bahnbetreiber auf Grund des Bundesaufenthaltsgesetzes dafür sorgen müssen, dass sämtliche Fahrgäste im Besitz gültiger Ausweispapiere sind. Er stellt klar: „Unser Sicherheitsdienst wählt nicht nach Hautfarbe aus, es wird jeder überprüft.“ Und wer keine gültigen Ausweispapiere habe, dürfe eben nicht in den Zug nach Deutschland steigen. Ab diesem Wochenende werden die Kontrollen auch nur noch stichprobenartig durchgeführt, da die Zahl der ankommenden Flüchtlinge weniger geworden ist.