"Versuchskaninchen": Heftige Kritik an Wechselunterricht für Abschlussklassen

Die einen lernen in der Schule, die anderen von zu Hause aus - von der bayerischen Regelung für Abschlussklassen halten Lehrerverbände gar nichts. Für sie ist es ein Weg, der geradewegs ins Chaos führt und alle Beteiligten verunsichert.
von  AZ/dpa
Seit Montag dürfen in Bayern Abschlussklassen von Gymnasien, Fachoberschulen und Berufsoberschulen in den Wechselunterricht. (Symbolbild)
Seit Montag dürfen in Bayern Abschlussklassen von Gymnasien, Fachoberschulen und Berufsoberschulen in den Wechselunterricht. (Symbolbild) © Hauke-Christian Dittrich/dpa

München - Die Rückkehr von Abschlussklassen an Gymnasien und Beruflichen Oberschulen in den Wechselunterricht wird von Lehrern und Schülern in Bayern zum Teil heftig kritisiert.

Inmitten eines strengen Lockdowns mit Ausgangssperre müssten Schüler und Lehrer in die Schule und seien deshalb oft verunsichert und verärgert. "Diese Sorgen und Ängste beeinträchtigen natürlich auch den Unterricht. Viele Lehrer und Schüler fühlen sich momentan als Versuchskaninchen für die im Raum stehende bayernweite Schulöffnung ab Mitte Februar", sagte am Montag Michael Schwägerl, Vorsitzender des Bayerischen Philologenverbandes (bpv) in München.

Schwägerl: "Halbe Kurse werden in die Schulen geholt"

Verbände sowie viele Eltern und Schüler halten den Wechselunterricht momentan für die schlechteste Variante. Trotz Stress und hohen Aufwands laufe es mit dem Distanzunterricht etwa per Videokonferenz seit einigen Wochen besser als gedacht.

"Doch nun werden halbe Kurse in die Schulen geholt, was die Lehrkräfte dann dort bindet. Dies geht auch zulasten anderer Klassen", befürchtet etwa der bpv. Ähnlich äußerte sich die Landeselternvereinigung. Wechselunterricht sei nicht nur die organisatorisch schwierigste und anstrengendste Variante, sondern auch weniger effektiv als gut strukturierter Unterricht aus der Distanz.

Baier spricht von wachsender Verunsicherung

Experten befürchten, dass nun der Videounterricht für Kinder und Jugendliche, die von zu Hause aus lernen, öfter ausfallen könnte. "Vielerorts müssen Lehrkräfte erst nach Hause fahren, um eine gute, stabile Internetverbindung zu haben", schreibt etwa die Bayerische Direktorenvereinigung BayDV.

"Eine Mischung aus Wechselunterricht für die einen und gleichzeitig Distanzunterricht für die anderen ist praktisch nicht möglich und erzeugt Verunsicherung und im schlimmsten Fall Chaos", kritisierte der Landesvorsitzende Walter Baier.

Präsenzunterricht "nur mit deutlich erhöhtem Gesundheitsschutz"

Der bpv fordert einheitliche Lösungen für Zwölftklässler und andere Abschlussklassen: "Entweder bleiben wir im Distanzunterricht oder wir können es pandemisch zulassen, die ganze Q12 reinzuholen", sagte Schwägerl. Klausuren könnten die Jugendlichen seiner Ansicht nach trotzdem schreiben - in ausreichend großen Räumen in der Schule und unter guten Infektionsschutzbedingungen. Dafür müsse man Regelungen treffen.

Mit Blick auf eine Ausweitung des Präsenzunterrichts fordern die Verbände etwa eine flächendeckende Teststrategie an Schulen oder bessere Schutzmasken. "Nur mit deutlich erhöhtem Gesundheitsschutz ist aus unserer Sicht momentan an Präsenzunterricht in den Schulen zu denken", sagte Schwägerl.

Seit Montag dürfen in Bayern Abschlussklassen an Gymnasien, Fachoberschulen (FOS) und Berufsoberschulen (BOS) in den Wechselunterricht. Schriftliche Leistungsnachweise sind in voller Klassen- und Kursstärke möglich, wenn im Prüfungsraum ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden kann.

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