Verrückter Fall: Er geht lieber in den Knast, als Strafe zu zahlen
Als Verkehrsrowdy verurteilt: Doch statt rund 6000 Euro zu berappen, will Gerd S. (41) lieber ein halbes Jahr hinter Gitter. Er sieht sich als Justizopfer – uns setzt seine Existenz aufs Spiel
NÜRNBERG Juristisch hat Gerd S. (41) inzwischen alle Möglichkeiten ausgeschöpft – und ist gescheitert. Das Landgericht Nürnberg hat rechtskräftig festgestellt, dass er ein zu Gewalt neigender Verkehrsrowdy ist. Doch die Strafe (rund 6000 Euro) will Gerd S., der sich als Justizopfer fühlt, nicht akzeptieren. Dafür setzt er seine gesamte Existenz aufs Spiel.
Das Verfahren schwelt seit vier Jahren
Der Anlass des seit fast vier Jahren schwelenden Verfahrens ist schnell erzählt: Gerd S. war auf der B2 bei Roth in ein gefährliches Überholmanöver verwickelt und ist auf einen beteiligten Autofahrer, der in seinem Wagen saß, losgegangen. Dabei schlug er die Seitenscheibe ein und packte den verängstigten Mann am Revers. Eine Polizeibeamtin sprach von einer erkennbaren Rötung am Hals.
Er sieht sich als Justizopfer
Sowohl das Amtsgericht Schwabach als später auch das Landgericht Nürnberg stellten nach der Einvernahme diverser Zeugen übereinstimmend fest, dass sich Gerd S. wegen Verkehrsgefährdung und Körperverletzung schuldig gemacht hat. Die Folge war eine Geldstrafe und der bis heute andauernde Entzug der Fahrerlaubnis.
Keinen Cent will er bezahlen
Gerd S. hat einen ganz anderen Blickwinkel drauf. Nicht er, sondern der von ihm später attackierte Fahrer habe die gefährliche Situation ausgelöst, ihn abgedrängt und in Lebensgefahr gebracht. Mit dem Schrecken noch im Genick habe er erbost ein paarmal gegen die Scheibe geklopft, weil er den Fahrer zur Rede stellen wollte. Dabei sei das Glas trotz geringer Schlagkraft zu Bruch gegangen. Mehr, so beteuert Gerd S., sei nicht gewesen. Und im übrigen könne er anhand der Protokolle genau belegen, dass die Zeugen nicht die Wahrheit gesagt hätten.
Bis an die Justizministerin hat er sich gewandt
Diese Argumente hat Gerd S. der Justiz, bis hinauf zur Ministerin, schriftlich vorgetragen. Bewirkt hat er damit in seinem Sinne nichts. Ans Bezahlen der Strafe denkt er trotzdem nicht. Zur AZ sagte er: „Keinen Cent bezahle ich. Ich habe nichts Böses getan. Sollen sie mich doch ins Gefängnis stecken.“
Weit davon entfernt ist Gerd S. nicht mehr. Weil er sich permanent weigert, soll er ersatzweise für ein halbes Jahr hinter Gitter. Der Antrittstermin wurde ihm bereits mitgeteilt. Auch das bringt ihn nicht zum Einlenken. Wegen des Führerscheinentzugs hat er seinen Job als Handelsvertreter bereits hinschmeißen müssen. Er arbeitet jetzt auf 400-Euro-Basis im Paketshop seiner Mutter – und setzt seine Freiheit und seine Existenz rigoros aufs Spiel. hr
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