Verhungerte Sarah: Vater muss 13 Jahre ins Gefängnis
NÜRNBERG - Patrick R. ließ seine Tochter Sarah (3) verhungern, weil er sich gegen seine streitsüchtige Frau nicht durchsetzen konnte. Andrea R. muss sich wegen eines Krebsleidens bisher nicht vor Gericht verantworten.
Patrick R. verzog keine Miene, als das Schwurgericht Nürnberg Fürth am Donnerstag das Urteil sprach. Der Vater der verhungerten dreijährigen Sarah aus Thalmässing (Kreis Roth) muss 13 Jahre ins Gefängnis. Der 30-Jährige habe sich des Mordes durch Unterlassen und der Misshandlung von Schutzbefohlenen schuldig gemacht.
„Der Angeklagte unternahm nichts, um Sarah vor dem Hungertod zu retten“, sagte der Vorsitzende Richter Richard Caspar in der Urteilsbegründung. Sarah sei über Monate hinweg nicht ausreichend mit Nahrung versorgt worden. Der Vater habe nichts dagegen unternommen, um einem Streit mit seiner als dominant und aggressiv beschriebenen Frau Angela (27) zu entgehen. Als Sarah kurz vor ihrem Tod in ein Klinik kam, „war sie zu einem Skelett abgemagert“.
Die Staatsanwaltschaft hatte für den Lastwagenfahrer eine lebenslange Haftstrafe gefordert. Die Anklage hatte dem 30-Jährigen vorgeworfen, er habe Sarah aus purer Bequemlichkeit heraus nicht geholfen. Die Verteidigung hingegen hatte auf eine deutlich mildere Strafe plädiert. Im Handeln des Vaters sei kein Mord, sondern lediglich Körperverletzung mit Todesfolge zu sehen. Sie hielt eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren für angemessen. Das Gericht entschied auf 13 Jahre.
Die dreijährige Sarah war am 10. August 2009 in einer Nürnberger Klinik an den Folgen von Mangel- und Unterernährung gestorben. Sie wog damals nur noch etwa acht Kilogramm und damit halb so viel wie normal. Zuletzt hungerte die Kleine so sehr, dass sie aus lauter Verzweiflung sogar den Zellstoff ihrer Windel runterwürgte.
Das Verfahren gegen Angela R. wurde vorläufig eingestellt, da sie aufgrund einer schweren Krebserkrankung nicht verhandlungsfähig ist. Viele Zeugen hatten der Mutter vor Gericht die Hauptschuld an Sarahs qualvollem Tod gegeben. Bei ihr liege die größere Schuld, sagte auch der Vorsitzende Richter.
Nachbarn und Freunde haben im Prozess schwere Vorwürfe gegen das Jugendamt Roth erhoben. Die Behörde hatte ein halbes Jahr vor Sarahs Tod die Betreuung der Familie eingestellt. Ein Sozialpädagoge des Jugendamtes sagte aus, er hätte keine Gefährdung von Sarah feststellen können. Die Wohnung sei zwar vermüllt gewesen, trotzdem hatte er den Eindruck, dass sowohl Sarah als auch ihr Bruder gut versorgt gewesen waren. Beide hätten keine Anzeichen für Misshandlungen gehabt. Ein Mitarbeiter habe die Familie zweimal wöchentlich für zwei Stunden besucht. Nach einem Streit seien die Hausbesuche auf Wunsch der Familie im Mai 2007 eingestellt worden. rah
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