Verhungerte Sarah (3†): Jetzt sprechen Oma und Opa
Es gab keine erkennbaren Anhaltspunkte für das Martyrium des Mädchens. Aber das Verhältnis zur Schwiegertochter war von Anfang an gestört.
NÜRNBERG/THALMÄSSING Entsetzen, Fassungslosigkeit, Trauer, Wut: Aus diesem Wechselbad einstürzender Gefühle gibt es für die Großeltern der kleinen Sarah (3) kein Entrinnen. Zu frisch ist die Erinnerung an das kleine Mädchen, das qualvoll verhungern musste. Jetzt, knapp drei Wochen nach Sarahs Tod, melden sich die Großeltern zum ersten Mal über ihren Anwalt Stephan Baumann öffentlich zu Wort.
„Wir können bis heute nicht fassen, was geschehen ist. Es gab keinen Anhaltspunkt dafür, dass Sarah nicht ordentlich versorgt wird oder irgendetwas nicht in Ordnung wäre. Wir waren völlig arglos. Umso mehr, weil wir Dominik, Sarahs Bruder, als wohlgenährtes, lebhaftes und völlig normal entwickeltes Kind erlebt haben“, heißt es in der fünfseitigen schriftlichen Stellungnahme der Großeltern.
Sie beklagen darin allerdings, dass ein normaler Kontakt zu ihrem Sohn Patrick und seiner Frau Angela, Sarahs Eltern, schon seit längerem nicht mehr möglich gewesen sei. Rechtsanwalt Stephan Baumann: „Die Schwiegertochter ist als sehr temperamentvoll, auch aggressiv und aufbrausend zu charakterisieren. Sie konnte nur schwer andere Meinungen oder gar Kritik ertragen, so dass der Kontakt zu ihr von Anfang an schwierig war.“
„Der Zutritt zur Wohnung ist uns nicht mehr gewährt worden“
In den letzten anderthalb Jahren bekamen die Großeltern das kleine Mädchen ihren Aussagen zufolge nicht mehr zu Gesicht. Sie betreuten zwar deren älteren Bruder Dominik an den Wochenenden, wurden jedoch bei Fragen nach dem Befinden seiner Schwester Sarah stets mit Bemerkungen wie „ihr geht es gut“, „sie schläft viel“, „wir haben sie schon zur Nachtruhe ins Bett gelegt“ abgewimmelt. „Der Zutritt zur Wohnung ist uns nicht mehr gewährt worden“, heißt es in dem Schreiben der Großeltern. Auf die Idee, dass ihre Enkeltochter in dieser Zeit ein Martyrium durchleben musste, kamen sie jedoch nie.
Völlig unverständlich ist für Sarahs Großeltern die Rolle, die ihr Sohn gespielt haben muss. Rechtsanwalt Baumann: „Sie kennen ihren Sohn als einen völlig normalen, ruhigen jungen Mann. Er ist von Beruf Lkw-Fahrer im Fernverkehr mit bis dato überdurchschnittlichen Leistungen und Engagement.“ Patrick R. arbeitet im gleichen Unternehmen, in dem auch der Großvater als Brummi-Fahrer beschäftigt ist. Kontakt hatten sie im letzten halben Jahr aber meist nur noch per Handy.
Die Großeltern beschreiben Sarah als ein sehr ruhiges Kind, das zumindest in ihrer Gegenwart weder geschrien habe, noch in irgendeiner Art und Weise als lebhaft einzustufen gewesen wäre. In der Stellungnahme der Großeltern steht: „Sarah war bei unseren Besuchen sehr schüchtern. Sie hing sehr an ihrer Mutter und hat sich oftmals an sie angekuschelt.“
Rechtsanwalt Baumann legt Wert auf die Feststellung, dass Sarahs Großeltern zu keinem Zeitpunkt beschuldigt wurden, in irgendeiner Form an der Tat beteiligt gewesen zu sein. Sie haben das Sorgerecht für Sarahs Bruder Dominik beantragt.
Helmut Reister