Verdi legt Schifffahrt an Königssee und Tegernsee lahm

Berchtesgaden/Tegernsee - Wegen eines Warnstreiks muss die staatliche Seenschifffahrt an diesem Montag ihren Betrieb am Königssee und am Tegernsee komplett einstellen. Dies hat das bayerische Finanzministerium am Sonntag mitgeteilt. Der Grund: Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten der Bayerischen Seenschifffahrts-GmbH zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Sie will damit Druck in den laufenden Tarifverhandlungen ausüben, die an diesem Dienstag in die fünfte Runde gehen. Die Gewerkschaft wirft dem bayerischen Finanzministerium Lohndumping vor und will erreichen, dass in der staatlichen Seenschifffahrt die Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Entlohnung abgeschafft wird.
Das Finanzministerium, dem die Bayerischen Seenschifffahrts-GmbH als 100-prozentiges Tochterunternehmen untersteht, rechnet damit, dass die Linienschiffe am Ammersee und am Starnberger See am Montag ohne Einschränkungen fahren werden. Der stellvertretende Verdi-Landesbezirksleiter Norbert Flach hatte dagegen erklärt, dass es auch am Ammersee und am Starnberger See starke Beeinträchtigungen im Linienbetrieb geben werde.
Eine Sprecherin des Finanzministeriums erklärte, man "sei überrascht und ein wenig enttäuscht" über die Arbeitsniederlegung, die ausgerechnet in der Ferienzeit die Touristen treffe. Dies sei nicht primäres Ziel der Gewerkschaft gewesen, aber die Dinge hätten sich zeitlich halt jetzt so zugespitzt, hatte zuvor Verdi-Mann Flach deutlich gemacht.
Die Beschäftigten der weiß-blauen Schiffsflotte waren nach Verdi-Angaben früher im öffentlichen Dienst bei der staatlichen Schlösser- und Seenverwaltung angestellt. 1997 habe das bayerische Finanzministerium die Bayerische Seenschifffahrts-GmbH gegründet und ihr die Betriebsführung der bayerischen Flotte übertragen. "Offensichtliches Ziel war es, mit der GmbH aus der Tarifbindung des öffentlichen Dienstes herauszukommen und ein Geschäftsmodell zu etablieren, was auf niedrigeren Löhnen und Arbeitsbedingungen außerhalb von Tarifverträgen basiert", erläuterte die Gewerkschaft.
Auch die bis 1997 staatlich Beschäftigten hätten in die GmbH wechseln sollen. Wegen der unsicheren Arbeitsbedingungen hätten aber alle damaligen Beschäftigten diesem sogenannten Betriebsübergang widersprochen. Damit seien diese "Altbeschäftigten" im Tarifrecht des öffentlichen Dienstes geblieben, alle Neueinstellungen dagegen seien mit deutlich schlechterer Bezahlung und zu auch sonst schlechteren Arbeitsbedingungen erfolgt.
Flach warf dem Finanzministerium deshalb Lohndumping vor, das mit christlich-sozialer Politik nicht in Einklang stehe. "Das muss ein Ende haben." Neben dem Warnstreik der neueren Mitarbeiter seien zusätzlich die "Altbeschäftigten" für diesen Montag zu einem Solidaritätsstreik aufgerufen worden.
Flach gab die Beschäftigtenzahl bei der staatlichen Seenschifffahrt mit rund 180 Mitarbeitern - davon rund 90 in der GmbH - an, aber es gebe beim Personalstand saisonale Schwankungen. Die Entlohnung der GmbH-Beschäftigen liege zwischen 10 und 20 Prozent unter jener der "Altbeschäftigten", wenn man neben dem reinen Entgelt auch andere Faktoren wie die unterschiedliche Altersversorgung berücksichtige.
Die vierte Tarifrunde war nach Verdi-Angaben am vergangenen Freitag ohne Ergebnis geblieben. Deshalb seien jetzt Warnstreiks unausweichlich geworden, erklärte Flach. "Der Tarifkonflikt kann schnell beendet werden", sagte der Gewerkschafter. Den Schlüssel dazu halte allerdings Finanzminister Markus Söder (CSU) in der Hand. Verdi jedenfalls gehe kompromissbereit in die fünfte Verhandlungsrunde an diesem Dienstag.
Die Sprecherin des Finanzministeriums betonte dagegen, die Arbeitgeberseite habe schon mehrfach nachgebessert und sei in den Verhandlungen "nahezu bis an die Grenzen des Möglichen gegangen". Man müsse aber auch sehen, dass die Seenschifffahrt sich selber tragen müsse und nicht auf Kosten der Steuerzahler ein Zuschussgeschäft und damit ein subventioniertes Unternehmen werden dürfe.
Das private Unternehmen Personenschiffsverkehr Josef Schweiger betonte unterdessen, dass die Personenschifffahrt im Donau- und Altmühltal nicht vom Warnstreik der Bayerischen Seenschifffahrt betroffen sei.