Ursula Herrmann: Bruder glaubt nicht an die Schuld des Angeklagten

Im Prozess um die Entführung der kleinen Ursula Herrmann hat die Verteidigung am Dienstag überraschend die Aufhebung des Haftbefehls für den Angeklagten gefordert. Der Grund: Ein Brief, den Michael Herrmann, Bruder der Getöteten an das Gericht geschrieben hat.
von  Abendzeitung
Michael Herrmann, Bruder von Ursula Herrmann, im Gerichtssaal.
Michael Herrmann, Bruder von Ursula Herrmann, im Gerichtssaal. © Mike Schmalz

AUGSBURG - Im Prozess um die Entführung der kleinen Ursula Herrmann hat die Verteidigung am Dienstag überraschend die Aufhebung des Haftbefehls für den Angeklagten gefordert. Der Grund: Ein Brief, den Michael Herrmann, Bruder der Getöteten an das Gericht geschrieben hat.

Darin bezweifelt Michael Herrmann den Wert des Tonbandgeräts als Beweismittel. „Er befasst sich sehr ausführlich mit dem Tonbandgerät als Beweismittel und kommt zu dem Ergebnis, dass es als Indiz keine besondere Bedeutung besitzt“, sagt Walter Rubach, Verteidiger des Angeklagten Werner M. So könne laut Michael Herrmann nicht eindeutig nachgewiesen werden, woher das Signal stammt und ob sich dabei um ein Originalsignal handelt. „Er kommt zu dem Ergebnis: Das Tonbandindiz taugt nichts“, sagt Rubach.

Heute erschien Michael Herrmann nicht im Prozesssaal. In seinem Schreiben hatte er angekündigt, solange auf die Teilnahme zu verzichten, bis sich die Ermittlungen nicht ausschließlich auf Werner M. konzentrierten. Er tippt auf einen anderen: Harald W., mittlerweile verstorbenener Ex-Polizist, der bereits im Visier der Ermittler war.

Staatsanwaltschaft weist die Argumente als „Spekulationen“ zurück

Die Staatsanwaltschaft wies die Argumente der Verteidigung als „Spekulationen“ zurück und erklärte, der dringende Tatverdacht des Angeklagten bestehe weiter, der Haftbefehl müsse aufrechterhalten bleiben. Eine Entscheidung über die Haftfrage des Angeklagten wollte das Gericht später bekanntgeben.

Der Mann ist zusammen mit seiner Ehefrau wegen erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge angeklagt. Er soll im September 1981 die damals zehn Jahre alte Ursula entführt und in eine im Wald vergrabene Kiste gesperrt haben. Das Mädchen war Stunden nach der Entführung erstickt und erst 19 Tage später gefunden worden. Der Beschuldigte soll Erpresserbriefe geschrieben und mehrere Erpresseranrufe getätigt haben. Dabei soll ihm seine mitangeklagte Ehefrau geholfen haben. Beide bestreiten die Tat.

Verteidiger Walter Rubach berief sich auf ein Schreiben des Bruders von Ursula als Nebenkläger an das Gericht, der erhebliche Zweifel an den Indizien für die Täterschaft des Angeklagten geäußert habe. Nachforschungen hätten Michael Herrmann zu Ergebnissen geführt, die im Widerspruch zu Schlussfolgerungen aus Gutachten des Landeskriminalamtes stünden.

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