Urlaub dahoam: Gedränge auf Wanderwegen

Für Polizei und Rettungskräfte steht wahrscheinlich ein anstrengendes Wochenende bevor: Weil es fast keine Reisen ins Ausland gibt, könnte es zu Pfingsten eng werden an den heimischen Ausflugszielen. Auch die Natur könnte leiden.
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Kühe stehen auf einer Weide. Foto: Lino Mirgeler/dpa/Archivbild
dpa Kühe stehen auf einer Weide. Foto: Lino Mirgeler/dpa/Archivbild

Bad Tölz (dpa/lby) - Volle Parkplätze, zugeparkte Rettungswege, Staus auf den Straßen und Menschenmengen auf engen Wanderwegen - Behörden, aber auch Einheimische und Bauern blicken mit Sorge auf die Pfingstferien. Sie erwarten angesichts eingeschränkter Reisemöglichkeiten einen Ansturm auf heimische Ausflugsziele - vor allem an Badeseen und auf den Bergen könnte es voll werden. Polizei und Rettungskräfte rüsten sich; Almbauern sorgen sich ums Vieh - und Naturschützer warnen vor einer höheren Belastung vieler Ökosysteme.

Die Bergbahnen dürfen nun endlich auch in Bayern wieder fahren - bei Kabinenbahnen könnte es bei sehr großem Andrang knapp werden mit den Plätzen; die Kapazitäten dürfen nur zu einem Drittel ausgeschöpft werden. Auch oben am Berg auf schmalen Wegen sollten Masken getragen werden, wenn es zu eng wird, um den nötigen Abstand einzuhalten. Für die Ausflugsschiffe auf Bayerns Seen ist die Corona-Pause ebenfalls vorbei. Auch hier gelten aber: Maskenpflicht, Abstand, weniger Gäste.

Alle seien jetzt in der Verantwortung, mahnte die Präsidentin des bayerischen Landtags, Ilse Aigner (CSU). "Wir wollen kein zweites Ischgl werden", sagte Aigner. "Diese Ferien fordern uns alle heraus." Die ehrenamtlichen Helfer stünden vor besonderen Herausforderungen, die Corona-Pandemie sei für sie ein zusätzliches Risiko, sagte Aigner bei einem Besuch der Wasserwacht am Starnberger See und des Bergwacht-Zentrum in Bad Tölz. "Wir müssen Rücksicht aufeinander nehmen, Hygiene- und Abstandsregeln einhalten. Aber wir müssen auch vorsichtig sein. Wir sollten uns nicht beim Bergwandern überschätzen und höchste Vorsicht walten lassen an den noch kalten Badeseen."

Auch Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) appellierte, auf die Natur, die Tiere und die Belange der Land- und Forstwirte Rücksicht zu nehmen. "Es ist sehr erfreulich, wenn viele jetzt den Wert und die Schätze unserer Heimat erkunden und genießen." Sie sollten aber daran denken, dass "die Schönheit der Kulturlandschaft auch durch viel Arbeit unserer Bäuerinnen und Bauern" erhalten werde. Ausflügler sollten auf Wegen bleiben, Hunde an die Leine nehmen - und ihren Müll wieder mit heim nehmen.

Kühe und Wanderer - das geht nur gut, wenn sich beide nicht zu nahe kommen. Abstandsregeln galten hier schon vor den Corona-Zeiten. In Österreich war 2014 eine Hundebesitzerin von Kühen totgetrampelt worden, die wohl ihre Kälber vor dem Hund schützen wollte. Nun warnen Tafeln. Dennoch seien manche Besucher gerade jetzt ohne entsprechende Rücksichtnahme unterwegs, sagte Hans Stöckl, Geschäftsführer des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern. "Die Leute laufen kreuz und quer über die Almwiese. Sie sollen sich einfach an die Wege halten." Manche Almfläche sei "belagert mit Picknickdecken".

Dabei haben die Tiere auch nachts immer weniger ihre Ruhe. "Es wird immer mehr zur Untugend, dass man auch nachts in den Bergen unterwegs ist", sagte Stöckl. Mountainbiker schrecken ruhende Tiere besonders auf. In Bad Feilnbach musste ein Bauer gleich zu Saisonbeginn drei Jungtiere von der Alm wieder heim holen, weil sie sich vermutlich auf der Flucht am Lauf verletzt hatten. In einem anderen Fall sei ein Bauer mit einem Radfahrer aneinandergeraten.

Viele Tiere könnten die ungewohnten Störungen nicht einschätzen, und wertvolle Biotopflächen etwa mit seltenen Orchideen würden für ein Picknick niedergetrampelt, warnte auch der Umweltverband LBV. Ein Indiz für hohe Besucherintensität sei die große Zahl von Radlern überfahrener und totgetrampelter Alpensalamander. Diese bekämen nur alle zwei bis vier Jahre im Juni zwei Junge. "Werden die Weibchen jetzt vermehrt überfahren, ist der Nachwuchs für Jahre verloren", sagte LBV-Artenschutzreferentin Miriam Hansbauer.

Schon an den vergangenen Wochenenden habe es in den Ausflugsregionen Oberbayerns teils chaotische Verkehrsverhältnisse gegeben, hieß es beim Polizeipräsidium Oberbayern Süd. Die Einhaltung der Parkordnung und das Freihalten der Rettungswege werde in den Ferien verstärkt kontrolliert - notfalls werde auch abgeschleppt.

Die Gemeinden litten auch unter dem Müll. Weil Gaststätten nicht oder nur beschränkt geöffnet waren, brachten viele ihre Brotzeit mit - und in den Erholungsgebieten um Kochel- und Walchensee blieb ein Müllberg zurück, wie Kochels Bürgermeister Thomas Holz beklagte.

Besonders Ferienwohnungen und Camping sind gefragt. Das Berchtesgadener Land meldete für Pfingsten ausgebuchte Campingplätze. Ein Urlaubs-Ticker für Oberbayern soll von Samstag an Erholungsuchenden bei der Planung helfen.

Aigner rief dazu auf, nicht nur nach Oberbayern und ins Allgäu zu schauen. "Wir haben doch jetzt die Chance, ganz Bayern zu erkunden. Das fränkische Wein- oder Seenland, den Spessart, die Oberpfalz, den Bayerischen Wald, das Altmühltal oder die Romantische Straße - um nur einige Ziele zu nennen. Wir müssen ja nicht alle gleichzeitig auf denselben Berg kraxeln oder in denselben See springen."

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