Unsere Türken kontern: „Wir dönern Euch weg!“
Entspannte Stimmung vor dem Spiel in Gostenhof – alle Freude sich auf das Spiel: „Die wirklichen Gewinner sind die Deutsch-Türken. Die stehen jetzt schon im Finale.“
NÜRNBERG „Grüß Dich, Thomas“, ruft Wirt Bilal Inak vom türkischen Restaurant Cesme in der Gostenhofer Hauptstraße, „setz dich doch auf einen Tee zu uns.“ Thomas Freund (33), Installateur aus Fürth, schüttelt dem 34-Jährigen die Hand, nimmt lächelnd Platz. Er weiß, worum sich die Unterhaltung gleich drehen wird. Das wichtigste deutsch-türkische Thema dieser Tage: Wer gewinnt das EM-Halbfinale?
Inak schlägt spontan eine Wette vor: „Wenn die Türkei gewinnt, kriege ich einen Kasten Bier von Dir. Gewinnt Deutschland, dann kriegst Du einen Monat lang Döner gratis.“ Zack, die beiden schlagen ein, grinsen. Die deutsch-türkische Wette steht.
Gostenhof – Dorfidylle in Schwarz-Rot-Gold und Rot-Weiß
So entspannt wie zwischen den beiden ist es vor dem Spiel in ganz Gostenhof – einem der Stadtteile, in die meisten Türken leben. Doch von Anspannung keine Spur: Wie im Urlaub schlendern die Passanten durch die Mittagssonne, plaudern kurz miteinander auf der Straße. Dorfidylle zwischen Schwarz-Rot-Gold und Rot-Weiß.
Das schätzt auch Emine Sahan (36): Sie leitet seit 13 Jahren den Laden „Restpo“. Sie diskutiert entspannt mit einem Stammkunden aus Oberbayern das kommende Spiel.
Mit viel Respekt gehen sie die jeweiligen Mannschaften durch. Sahan meint: „Ich wünsche mir natürlich einen Sieg der Türkei. Aber wenn Deutschland gewinnt ist das auch okay. Am Ende ist es nur ein Spiel.“
Und dann erzählt sie von ihren Nachbarn, die zusammen ein deutsch-türkische Grill-Fußballfest bei sich im Garten veranstalten.
Der Gewinner: Die deutsch-türkische Freundschaft.
Fußball-begeistert ist auch Bülent Bayraktar. Der Diplom-Kommunikationswirt freut sich tierisch auf das Halbfinale – „ein faires, schönes Fußballfest.“ Damit das auch so kommt, hat er zusammen mit dem Deutsch-Türkischen Unternehmerverein die Aktion „Es kann nur einen Gewinner geben – und das ist die deutsch-türkische Freundschaft“ gestartet. Er verteilt nun hunderte große Poster in kleinen Läden und großen Imbissen.
Der Trend geht zur Zweitflagge: Vor einem doppel-beflaggten BMW in der Austraße steht Göktürk (19) im rot-weißen T-Shirt. „Deutschland hat ein gutes Mannschaftsgefüge“, sagt er, „die Türkei klasse Einzelspieler.“ Das Spiel will er sich mit Kumpels am Kornmarkt ansehen. Ob’s anschließend an den Plärrer zum Autokorso geht? „Alles ist drin“, zitiert er den deutschen Türkei-Star Hamit Altintop und grinst. Wie beim Bayern-Mittelfeldregisseur schlagen auch in Serdars Brust zwei Herzen – feiern im Autokorso ist also auf jeden Fall drin – natürlich mit vielen Flaggen.
Die verkauft unter anderem Aydim Yüksel (44). Der Inhaber des Kaufhauses Atilim hat nach eigenen Angaben schon 5000 Stück verkauft. Auch er wünscht sich „natürlich“ einen Sieg der Türkei. Doch mit einem schmunzeln sagt er: „Die wirklichen Gewinner sind aber die Deutsch-Türken. Die stehen jetzt schon im Finale.“ mm /stw