Uniformkameras: Bayerns Polizei filmt ab sofort mit

Es geht vorrangig um Selbstschutz: Polizisten in Bayern sollen testweise mit Kameras an der Uniform ausgerüstet werden. Doch es gibt Kritik an den sogenannten Bodycams.
München - Die bayerische Polizei will den Einsatz von Uniformkameras zur vorbeugenden Abwehr von Angriffen auf die Beamten testen. Das berichtete Landespolizeipräsident Wilhelm Schmidbauer am Mittwoch im Innenausschuss des Landtags. Der Pilotversuch soll im nächstem Jahr an "gefährlichen Orten" in München, Augsburg und Rosenheim laufen.
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Damit gemeint ist vor allem das nächtliche Umfeld von Discotheken und Partys, wo Polizisten bei Einsätzen häufig von Betrunkenen beleidigt und attackiert werden. Die Hoffnung ist, dass sich die Randalierer zurückhalten, wenn sie gefilmt werden. "Das Anliegen ist, die Polizeibeamten zu schützen, die uns schützen", sagte Schmidbauer. Die Videokameras sollen sowohl Bild als auch Ton aufnehmen. In Hessen seien die Angriffe auf Polizeibeamte im Rahmen eines Pilotprojekts in Frankfurt um ein Drittel zurückgegangen.
Protest der Datenschützer
Der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri widersprach: "Da glotzt ihn (den Bürger) ein drittes Auge an, und er wird das als Misstrauen des Staates empfinden". Die beabsichtigte Zielgruppe werde das mit Sicherheit "nicht als deeskalierend" betrachten. Beim hessischen Pilotversuch habe es sich nur um wenige Fälle gehandelt, außerdem seien die Polizisten im Rahmen des Versuchs immer zu dritt auf Streife gegangen und nicht zu zweit. "Ich führe den Rückgang eher auf die stärkere Personalpräsenz zurück als auf die Kameras."
Der Datenschützer erhebt zwar keine Einwände gegen den bayerischen Pilotversuch, hält aber wenig von den "Bodycams": "Ich habe da eine große, große Skepsis." Petri glaubt, dass auch die Polizisten mit laufenden Videokameras auf der Schulter weniger frei agieren können: "Sie schützen nicht nur den Polizeibeamten, sie beeinträchtigen ihn auch."
Zustimmung im Landtag
Die Landtagsfraktionen dagegen sind mehrheitlich für den Versuch: "Wir sind dringend aufgefordert, etwas zu tun", sagte der unterfränkische Abgeordnete Manfred Ländner (CSU). "80 Prozent der ganzen Verletzungen passieren im Streifendienst", sagte Peter Paul Gantzer (SPD). "So kann es nicht weitergehen", erklärte Eva Gottstein (Freie Wähler). Nur die Grünen sind weniger enthusiastisch: "Es sind noch viele Fragen offen", meinte die Abgeordnete Katharina Schulze.
Eigentlich wollte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) den Bericht präsentieren, doch der steckte am Mittwochvormittag in Berlin fest. 2014 zählte das Innenministerium über 14 500 Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte in Bayern. Der Gewaltbegriff ist dabei sehr weit gefasst, wie Schmidbauer nach der Sitzung unter Verweis auf die bundesweit einheitlichen Regeln der polizeilichen Kriminalstatistik klarstellte. So zählt eine rein mündliche Beleidigung nicht als Gewalt, jedoch eine "tätliche Beleidigung" durchaus - also eine Beleidigung mit Rempler.
Wann der Pilotversuch im nächsten Jahr startet, steht noch nicht fest. Das Polizeipräsidium München soll das Konzept ausarbeiten. "Die Versuche in Rheinland-Pfalz und Hessen sind positiv. Die Widerstandszahlen sind zurückgegangen und es kommt zu deutlich weniger Beleidigungen", sagte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Peter Schall, dem BR. "Ich glaube, dass die große Mehrheit die Kameras begrüßt."