"Unerträgliche Zustände": Helfer für Ende der Ankerzentren

Übergriffe, Angst und Isolation: Bewohner und Hilfsorganisationen beschreiben Ankerzentren als rechtsfreie Räume, die krank machen. Nun suchen sie Wege, um darauf aufmerksam zu machen.
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Im Transitzentrum Manching für Asylsuchende halten Sicherheitskräfte einen Zaun fest. Foto: Stefan Puchner/Archivbild
dpa Im Transitzentrum Manching für Asylsuchende halten Sicherheitskräfte einen Zaun fest. Foto: Stefan Puchner/Archivbild

München (dpa/lby) - Ein Jahr nach der Einrichtung der ersten Ankerzentren für Flüchtlinge haben Hilfsorganisationen deren Abschaffung gefordert. Die Lebensbedingungen dort verstießen gegen europäische Mindeststandards, hieß es bei einer Pressekonferenz des Bayerischen Flüchtlingsrats am Dienstag in München. Der Verein Ärzte der Welt, die Frauenrechtsorganisation Solwodi und der Helfer-Verband Unser Veto Bayern kritisierten vor allem fehlenden Schutz vor Übergriffen sowie mangelnde Privatsphäre für die Bewohner.

"Die Zustände in Ankerzentren und Massenunterkünften machen psychisch gesunde Menschen krank und psychisch Kranke noch kränker", sagte Psychotherapeuten Stephanie Hinum, die für Ärzte der Welt Bewohner des Ankerzentrums Manching (Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm) betreut. Die Bedingungen in den Unterkünften seien "unerträglich". Weil Rückzugsräume fehlten, würden sich traumatisierte Frauen mit Spinden und Tischen in ihren Zimmern verbarrikadieren. Bewohner berichteten von Übergriffen durch Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes.

Anker ist eine Abkürzung und steht für An(kunft), k(ommunale Verteilung), E(ntscheidung) und R(ückführung). Bayernweit gibt es sieben Ankerzentren - in Bamberg, Schweinfurt, Deggendorf, Donauwörth, Zirndorf, Regensburg und Manching. Die ersten waren im August 2018 als Pilotprojekt eingerichtet worden. Sie sind die ersten Anlaufstellen für Migranten zur Prüfung ihrer Asyl-Chancen. Ziel des Bundes ist es, die Asylverfahren durch kurze Behördenwege dort schneller abschließen zu können - sei es mit einer Abschiebung oder einer Bleibegenehmigung.

Ehrenamtliche hätten zu den Ankerzentren nur stark eingeschränkten Zutritt, sagte Joachim Jacob vom Helfer-Verband Unser Veto Bayern: "Der Zugang ist gelinde gesagt undurchschaubar." Eine rechtliche Beratung für Klagen gegen negative Asylbescheide sei deshalb so schwierig, dass man Ankerzentren als "rechtsfreie Räume" bezeichnen könne, sagte Rechtsanwältin Anna Frölich, die Flüchtlinge außerhalb des Ankerzentrums berät. "Die Leute haben Angst, einen Fehler zu machen, wenn sie zu uns kommen."

Auf der Internetplattform Anker-Watch wollen Bayerischer und Münchner Flüchtlingsrat Bewohnern und Helfern künftig die Möglichkeit geben, ihre Erfahrungen vor Ort zu dokumentieren. "Wir müssen diese Zustände öffentlich machen", sagte Katharina Grote vom Bayerischen Flüchtlingsrat.

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