Und goldsilbrig schwallt der Männerchor

NÜRNBERG Die Bühne ist in bonbonfarbenes Licht getaucht. Der Schlagzeuger, der hinter einer gläsernen Lärmschutzwand sitzt, spielt einen Tusch. Dann erscheinen unter großem Jubel die Masterminds mit Gitarren und Bass und setzen sich auf hohe Hocker. Die Puhdys sind auf Akustik Tour und legen im Hirsch ohne Vorwarnung los. Das Publikum ist schnell begeistert. Goldsilbrig schwallt der Männerchor. Die Holzgitarren beschwören ein dazugedachtes Lagerfeuer aus dem Flachbildschirm. Zartbitter schellt das Tamburin in der seichten Zuckerbrühe.
Es hilft mir auch nicht, wenn Frontmann „Maschine“ mit dem Charme eines Fahrgeschäftbetreibers auf der Kirchweih zwischen den klebrigen Schmachtheulern ironisch über’s Älterwerden spricht.
Gleich im Anschluss rührt das Schlagzeug wieder pathetisch durch die schleimigen Arrangements. Klebrig verschmiert der Synthesizer die pappig glasierten Melodien. Wie giftig-rote Quallen im verseuchten Soundmeer sondern die Herren ihre Lieder ab. Eine elektronische Panflöte zaubert Fußgängerzonenflair. Wenn „Maschine“ zwischen den Schmachtfetzen seine Arme ausbreitet, reichen seine Hände schier bis zum Bühnenrand. Auf Anhieb rudert er die Fans zum frenetischen Mitsingen und begeisterten Klatschen. Länger als mein ganzes 41-jähriges Leben spielt die Kapelle so genannten deutschen Rock. Das ist erstaunlich. Wahrscheinlich bin ich schlecht vorbereitet gewesen.
Mir pappt der Mund unangenehm, als hätte ich vier lauwarme Fläschchen Berliner Pilsner getrunken und dazu ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte mit Sahne gegessen. Die Menschen um mich herum freuen sich sehr. Nur, als der Leadsänger darauf hinweist, dass das eine Musikstück, das in Zusammenarbeit mit Jürgen Drews entstanden ist, zum Verkauf bereit liege, regt sich plötzlich der Unmut – und vereinzelt wird gebuht. Das habe ich dann auch genauso wenig verstanden.