"Das sehen wir mit Sorge": Womit Bayern nach dem Trump-Sieg rechnen muss

Der 64 Jahre alte Bertram Brossardt wurde in Neustadt/Weinstraße geboren und ist studierter Jurist. Seit 2005 ist er Hauptgeschäftsführer der vbw - Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft sowie von bayme - Bayerischer Unternehmensverband Metall und Elektro und vbm - Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die AZ hat mit ihm darüber gesprochen, was wirtschaftlich von einem US-Präsidenten Donald Trump zu erwarten ist.

AZ: Herr Brossardt, wie stark ist die bayerische Wirtschaft vom Handel mit den USA abhängig, in welchen Branchen sind die Verflechtungen besonders stark?
BERTRAM BROSSARDT: Mit Ausfuhren im Wert von über 28 Milliarden Euro waren die USA 2023 der größte Exportmarkt für die bayerische Wirtschaft. Jeder achte durch Exporte verdiente Euro wurde in den Vereinigten Staaten eingenommen. Mit einem Handelsvolumen von 42,1 Milliarden Euro waren die USA hinter China auch insgesamt der zweitwichtigste Handelspartner des Freistaats. Für einzelne Branchen sind die USA sogar noch wichtiger. So gingen mehr als ein Viertel der bayerischen Exporte pharmazeutischer Erzeugnisse in die USA und auch für die für Bayern so wichtige Autoindustrie sind die USA der mit Abstand wichtigste ausländische Absatzmarkt. Im vergangenen Jahr ging jedes fünfte aus Bayern ausgeführte Auto dorthin. Insgesamt hatten die bayerischen Pkw-Exporte in die USA einen Wert von über acht Milliarden Euro. Neben der Bedeutung als Exportmarkt spielen die USA für uns aber auch eine elementare Rolle als Bezugsmarkt - insbesondere für unsere Energieversorgung. LNG aus den USA ist innerhalb kürzester Zeit ein zentraler Bestandteil der deutschen und europäischen Gasversorgung geworden.
"Bayern wäre überdurchschnittlich betroffen"
Welche unter einem Präsidenten Donald Trump zu erwartende wirtschaftliche Entwicklung ist für Bayern besonders bedrohlich?
Als exportorientierte bayerische Wirtschaft sehen wir vor allem Trumps Ankündigungen von Strafzöllen auf US-Importe in Höhe von zehn bis 20 Prozent mit Sorge. Diese würden Produkte bayerischer Hersteller teurer und damit weniger wettbewerbsfähig auf dem US-Markt machen. Kommt es als Folge der US-Zollanhebungen zu Gegenreaktionen und dadurch zu einem allgemeinen Anstieg der Handelshemmnisse weltweit, wären Deutschland und Bayern als exportstarke Nationen überdurchschnittlich betroffen. Auch führen Trumps unberechenbarer Regierungsstil, eine mögliche Beendigung der Zusammenarbeit im EU-US-Handels- und Technologierat sowie ein möglicher Handelskrieg mit China zu großen Unsicherheiten bei den Unternehmen.

Ist für Bayern (und Deutschland) auch Positives von Trump zu erwarten?
Trump wird in seiner Wirtschaftspolitik an Deregulierung und Steuersenkungen für Unternehmen anknüpfen. In den USA produzierende bayerische Unternehmen können möglicherweise mit einer Reduzierung der Körperschaftssteuer rechnen. Eine weitere Senkung der Unternehmensteuern würde im aktuellen konjunkturellen Umfeld jedoch inflationstreibend wirken. Die Finanzierung der Steuersenkungen müsste über höhere Defizite erfolgen, was die Staatsschulden erhöht und somit die Stabilität der Gesamtwirtschaft gefährdet.
"Sein Stil wird für schwierige Jahre sorgen"
Welche Lehren kann die bayerische Wirtschaft aus Trumps erster Amtszeit ziehen, die jetzt hilfreich sein können?
Wenige. Denn sein Regierungsstil wird für vier schwierige und schwer kalkulierbare Jahre in den transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen sorgen. Klar ist aber: Wir müssen uns in besonderem Maße für die transatlantischen Beziehungen einsetzen. Auf Basis der gemeinsamen freiheitlich-demokratischen Fundamente brauchen wir einen engen politischen und wirtschaftlichen Schulterschluss. Protektionismus schadet dem Handel - auf beiden Seiten des Atlantiks.