WWF für Baustopp bei Wasserkraft: "Flüsse leiden"
München (dpa/lby) - Der Umweltverband WWF fordert einen sofortigen Baustopp für neue Wasserkraftwerke. Stattdessen müssten Barrieren in den Flüssen insbesondere in Schutzgebieten zurückgebaut werden, verlangte der WWF am Mittwoch. Insbesondere kleine Wasserkraftanlagen seien nicht wirtschaftlich, richteten aber ökologisch Schaden an.
Bayernweit seien nur 24 Flusskilometer in sehr gutem ökologischem und nahezu natürlichem Zustand. Wehre, Dämme und Wasserkraftwerke beeinträchtigten Ökologie und Artenvielfalt. Knapp 57 000 Barrieren zerschneiden laut WWF Bayerns Flüsse - nur 11 Prozent davon seien durchgängig und könnten problemlos von Fischen überwunden werden.
Bei rund 28 000 Gewässer-Kilometern blockiere rein rechnerisch alle 500 Meter eine Barriere den Weg für Fische sowie Sand und Geröll. "Die bayerischen Flüsse leiden an Verstopfung, fließen kaum noch natürlich", kritisierte Wolfgang Hug, Leiter des WWF-Büros in Bayern. "Und obwohl kein größerer Fluss in Bayern frei von Wasserkraft ist, sind trotzdem zahlreiche weitere Projekte in Planung."
Nur 1,5 Prozent des bayerischen Stroms würden von den rund 4000 Kleinwasserkraftwerken erzeugt. Trotz der geringen Ausbeute forciere die Staatsregierung den Ausbau der Kleinwasserkraft. Dies sei auch vor dem Hintergrund des Klimawandels mit größerer Trockenheit und extremerer Regenfälle eine Sackgasse, sagte Sigrun Lange vom WWF.
Bei größeren Kraftwerken müsse die Forschung zu umweltschonenderen Techniken vorangetrieben werden. Das Schachtkraftwerk an der Loisach bei Großweil sei ein gutes Beispiel. Inwieweit es tatsächlich die Ökologie schone, müsse erst untersucht werden. Bei der von der Technischen Universität München (TUM) entwickelten und kürzlich in Betrieb genommenen Anlage ist die Turbine in einem Schacht im Flussbett versteckt. Fische können so über das Kraftwerk wandern.
Größere Kraftwerke dienen teils wie das Walchenseekraftwerk auch dazu, überschüssigen Strom aus Windkraft oder Solaranlagen zu speichern. Bei dieser Anlage fordert ein breites Bündnis von Umweltschützern schon jetzt und damit zehn Jahre vor dem Auslaufen der Konzession zur Energieerzeugung einen besseren Schutz der Natur.
Nach einer Studie des WWF sind seit 1970 die Bestände wandernder Süßwasserfischarten weltweit im Schnitt 76 Prozent zurückgegangen, in Europa sogar um 93 Prozent. "Es ist nicht fünf vor Zwölf, sondern weit nach Zwölf", sagte Sigrun Lange. Es müssten mehr frei fließende Flussabschnitte geschaffen und Auenlebensräume wiederbelebt werden.
Bayern stehe im Bundesvergleich bei der Wasserqualität zwar gut da. Bei den Verbauungen hingegen sei der Freistaat Schlusslicht - nicht zuletzt deshalb, weil es durch die Berge viele Flüsse mit starkem Gefälle gebe, die sich für Wasserkraftanlagen besonders eignen.
Die Blockaden in Flüssen behinderten nicht nur die Fische, sie sorgen auch dafür, dass sich Pflanzen und Biomasse sammelten und das Wasser nicht so viel Sauerstoff aufnehmen könne. Die Folge sei die verstärkte Bildung des klimaschädlichen Gases Methan.