Umstrittene neue Delfin-Lagune
Der Nürnberger Zoo setzt mit der neuen Delfinlagune auf eine Attraktion, von der sich andere Zoos gerade verabschiedet haben. Tierschützer laufen Sturm.
Nürnberg - Zoo-Direktor Dag Encke schwärmt von einer „naturnahen Wasserwelt“, Umweltschützer kritisieren das „unnatürliche Verhalten“, zu dem die Tiere gezwungen werden: Ende des Monats eröffnet der Nürnberger Tiergarten seine neue Delfinlagune. Während andere Zoos – wie etwa der in Münster – sich gerade von der Delfinhaltung verabschieden, will Nürnberg die Meeressäuger zum neuen Besuchermagneten machen. Kritiker halten die erste deutsche Freiluftanlage für Delfine für eines der umstrittensten Zoo-Projekte in ganz Europa. Bei der Eröffnung des 24 Millionen Euro teuren Delfinariums am 30. Juli wollen erboste Tierschützer vor dem Zoo mobil machen.
Delfine wie die Großen Tümmler schwämmen in Freiheit tausende Kilometer weit und tauchten sehr tief, gibt die Wal- und Delfinschutzorganisation WDCS zu bedenken. In Gefangenschaft bleibe ihnen aus Platzmangel nur ein Herumschwimmen im Kreis. In Nürnberg sei es seit zwölf Jahren nicht gelungen, einen neugeborenen Delfin aufzuziehen, kritisieren die Delfinschützer. Ihre Vorwürfe brachten sie erst kürzlich in einer in Brüssel vorgestellten Studie auf den Punkt: Die 34 Delfinarien in der EU – drei davon in Deutschland - böten keine artgerechte Haltung. In Delfin- und Walshows würden die Tiere zu „unnatürlichem Verhalten“ gezwungen.
Für Zoo-Direktor Dag Encke soll sich genau das mit der neuen Delfinlagune ändern. Darin könnten die Delfine und Seelöwen erstmals Sonne, Wind und Regen erleben. Encke schwärmt von der Anlage, die mit mehr als 5,4 Millionen Litern Meerwasser und einer Wassertiefe zwischen 50 Zentimetern und sieben Metern für die Tiere einen „strukturierten Lebensraum“ schaffe. Die Ufer seien so gestaltet, dass sich die Seelöwen auch außerhalb ihres Beckens aufhalten könnten. Auf den angrenzenden Tribünen finden bis zu 1500 Zoo-Besucher Platz.
Dass der Tiergarten mit der Delfin-Lagune hoch pokert, räumte unlängst auch der Zoo-Chef ein. In einem in der „Süddeutschen Zeitung“ veröffentlichten Streitgespräch mit dem WDCS-Meeresbiologen Karsten Brensing sagte Encke: Sollte auch in Zukunft eine Nachzucht der Delfine misslingen, könnte das über kurz oder lang zur Schließung des teuren Mammutprojekts führen. „Man geht ein Risiko ein. Eine totale Sicherheit gibt es nicht. Würde sich herausstellen, dass wir massiv Fehler gemacht haben bei der Planung der Lagune, (...) dann muss man auch so ehrlich sein zu sagen: Das Ding funktioniert nicht mit Delfinen“, wird Encke zitiert.
Mit der neuen Architektur bemüht sich der Tiergarten jedoch auch um einen neuen Stil im Umgang mit den Delfinen. Auf die klassischen Delfinshows – viele Jahre lang Besuchermagnet im alten Delfinarium - will die Tiergartenleitung erst einmal verzichten. Dennoch denkt sie über ein „showähnliches Konzept“ nach, berichtet Zoo-Chef Encke. Zu jeder vollen Stunde sollen Zuschauer die Delfine, Seelöwen und Seekühe bei der Fütterung und beim Training beobachten können. Mit der Delfinlagune öffnet auch das neue Manati-Haus – ein tropischer Schwitzkasten, in dem sich nicht nur die drei Seekühe Mara, Herbert und Zorro heimisch fühlen sollen, sondern auch Blattschneiderameisen. Besucher können den kleinen Kraftpaketen zusehen, wie sie riesige Blattstücke durch den Mini-Dschungel balancieren.
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