Umfrage unter den Bayerischen Verkehrsverbünden: Wo's hapert beim 49-Euro-Ticket?

Die AZ-Umfrage zeigt: Die großen Verkehrsverbünde in Bayern fürchten sich vor einer stattlichen Deckungslücke bei Einführung des 49-Euro-Tickets. Dennoch arbeiten sie an der Umsetzung.
von  Ralf Müller
Eigentlich soll das bundesweite 49-Euro-Ticket zum 1. Januar eingeführt werden. Doch daraus wird wohl nix.
Eigentlich soll das bundesweite 49-Euro-Ticket zum 1. Januar eingeführt werden. Doch daraus wird wohl nix. © Piero Nigro/imago

München - Nicht erst seit der Kostenexplosion beim Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke ist das Vertrauen in staatliche Kostenschätzungen denkbar gering. Das ist der Hauptgrund, warum das "Deutschlandticket" für einheitlich 49 Euro sicherlich nicht ab dem Jahreswechsel zu erwerben sein dürfte. Die bisher bekannte finanzielle Grundlage für die Nachfolgeregelung zum Neun-Euro-Ticket ist allen Verkehrsverbünden in Bayern deutlich zu wackelig, wie eine Umfrage ergab. Gleichwohl rüsten sie sich für eine Einführung des Deutschlandtickets zu einem noch unbekannten Zeitpunkt irgendwann im nächsten Jahr.

Bund will drei Milliarden Euro pro Jahr für das 49-Euro-Ticket deckeln

Die Gründe hatte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) kürzlich erläutert. Der Bund will bislang seinen hälftigen Anteil an der auf drei Milliarden Euro pro Jahr geschätzten Deckungslücke für das Ticket deckeln. Für den Fall, dass es teurer wird, "liegt das gesamte Risiko in unserer Hälfte", so Bernreiter. Und es wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit teurer. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VdV) hat ausgerechnet, dass der Drei-Milliarden-Topf gerade einmal ausreichen würde, um ein 69-Euro-Monatsticket zu finanzieren. Nun soll es aber um 20 Euro billiger werden.

Münchner Verkehrs- und Tarifverbund: "Eine Umsetzung bis Januar ist unwahrscheinlich"

"Die technische Umsetzung des Deutschlandtickets wird nicht das Problem sein und ist aus unserer Sicht bis zum 1. Januar 2023 machbar", teilte eine Sprecherin des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds mit. "Die dafür beschlossenen drei Milliarden Euro werden dafür unseres Erachtens nicht ausreichen, weshalb eine Umsetzung bis 1. Januar unwahrscheinlich ist."

"Wenn das Deutschlandticket bundesweit eingeführt wird, ist auch der Verkehrsverbund Großraum Nürnberg mit dabei", heißt es beim VGN. Bis jetzt sei aber nicht gewährleistet, wen eine "Nachschusspflicht" trifft, wenn der Topf nicht ausreichen sollte.

Verkehrsbünde rüsten sich für die Umsetzung

Das Risiko, mit den von Bund und Ländern bereitgestellten drei Milliarden Euro nicht auszukommen und auf Deckungslücken sitzen zu bleiben, bewertet man beim Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV) als "nicht absehbar". Die beim erwarteten Einbruch der Einnahmen auftretende Lücke sei von den Verkehrsunternehmen und von ihren Aufgabenträgern "aus eigenen Mitteln unmöglich finanzierbar", weshalb man auf einer "vollständigen und dauerhaften" Lösung bestehe. Der Verkehrsverbund Großraum Ingolstadt (VGI) ist nach eigenen Angaben für alle denkbaren Starttermine gerüstet, will aber ebenfalls zuvor das finanzielle Risiko beseitigt wissen.

Verkehrsminister Bernreiter deutet unterdessen einen möglichen Kompromiss an. Bund und Länder könnten sich die Nachschusspflicht teilen, ebenso die Dynamisierung der Ausgleichszahlungen, wenn die Kosten in den nächsten Jahren ansteigen. Der Start des Deutschlandtickets zum 1. Januar sei vor dem Hintergrund vieler noch offener Fragen "völlig unrealistisch".

In Nürnberg stellt man sich auf den 1. März kommenden Jahres als Starttermin ein. Das könne man auch technisch realisieren. Die Fahrkarten-App des VGI werde bereits so programmiert, dass zum Starttermin "alle Vorkehrungen getroffen" sind, heißt es aus Ingolstadt. Nicht überall scheint die technische Umsetzung so rasch realisierbar. Einen "konkreten Umsetzungstermin" für den Verkauf des Tickets im eigenen Vertriebssystem könne man noch nicht nennen, teilt der Augsburger AVV mit. Der VVM in Würzburg verfügt derzeit noch nicht über Strukturen, welche die vorgesehene digitale Vermarktung ermöglichen würden, sagt dort eine Sprecherin.

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