U-Bahn-Chaos: Pannenserie nervt Fahrgäste

Fehler im Steuer-Computer legten am Montag die Automatik-Züge der U2 und U3 lahm. Jetzt will die VAG die Software verbessern und mehr Personal einsetzen
NÜRNBERG Das waren genügend Pannen für ein ganzes Jahr. Doch dummerweise passierten sie alle am Montag innerhalb von gut sieben Stunden – und stürzten Nürnbergs automatische U-Bahn ins schlimmste Chaos ihrer noch jungen Geschichte. Rund 50.000 Fahrgäste waren von Ausfällen und Verspätungen auf den Linien U2 und U3 betroffen. Schuld am Chaos war der Steuer-Computer in der VAG-Zentrale.
„Die Software muss verbessert und stabilisiert werden“, analysierte VAG-Technikvorstand Rainer Müller. „Wenn es künftig zu Störungen kommt, müssen diese schneller beseitigt werden“, entschuldigte er sich gestern bei den Fahrgästen. Die VAG-Techniker und ihre Kollegen von Siemens, die die Steuerelektronik entwickelten, haben in den nächsten Wochen viel zu tun! Außerdem werden künftig mehr VAG-Mitarbeiter auf der U2 und U3 unterwegs sein, die bei Problemfällen schnell eingreifen können.
Begonnen hatte alles am Montag um 9.41 Uhr mit einer Taube im Bahnhof Wöhrder Wiese. Sie flatterte in dem Augenblick auf, als der Zug Richtung Hauptbahnhof losfuhr. Das Bahnsteig-Sicherungssystem erkannte nicht, dass es sich um ein Tier handelte – und leitete eine Notbremsung ein. Um den Automatik-Zug per Notfallsteuerung wieder flott zu bekommen, musste ein VAG-Mitarbeiter zur Wöhrder Wiese. In der Zwischenzeit stauten sich die an andern Bahnen auf der Strecke. Auch sie mussten mit Handbetrieb gesteuert werden, weil die Kommunikation mit den Zentralrechner nicht klappte.
Erschwert wurde die Situation, weil ein Fahrgast am Bahnhof Rothenburger Straße ohne Anlass die Notbremse zog. Bis diese Panne behoben war, stauten sich die Bahnen erneut. „Einzelne Störungen bekommen wir in den Griff, ohne dass es den Kunden auffällt“, erläuterte VAG-Betriebsleiter Konrad Schmidt. „Probleme haben wir, wenn sich mehrere Störungen überlagern und eine Kettenreaktion auslösen.“
So wie dann am Montag Nachmittag. Um 16.02 Uhr meldete die Türsicherung der U2 im Hauptbahnhof ein Problem. Der Computer öffnete und schloss die Tür mehrmals. Doch der Zug konnte erst fahren, als ein VAG-Mann vor Ort war. In der Zwischenzeit kam es wieder zu Staus im Untergrund – mit fatalen Folgen.
Ein Zug stand zehn Minuten im Tunnel zwischen den Bahnhöfen Maxfeld und Rathenauplatz. Dann geriet einer der Fahrgäste in Panik – und betätigte die Notentriegelung der Tür. „Die Kollegen in der Leitstellen haben sofort per Lautsprecher Kontakt zu ihm im Wagen aufgenommen. Doch der Fahrgast reagierte nicht und ging in den Tunnel“, sagte Müller. Folge war, dass sofort der Strom auf der gesamten Strecke ausgeschaltet werden musste, um das Leben des unbekannten Passagiers nicht zu gefährden. Inzwischen fahndet die VAG nach der Person, von der es Bilder der Überwachungskamera im Wagen gibt. „Es geht um Schadensersatz“, so Schmidt.
VAG-Mitarbeiter mussten den Tunnel erst absuchen, bevor der Betrieb 20 Minuten später wieder aufgenommen wurde. Als der Betrieb wieder anlaufen konnte, legte der steckengebliebene Zug auf der Fahrt zum Abstellgleis das Stromnetz bis 17.35 Uhr lahm.
Zu allem Unglück fielen ausgerechnet auch noch die beiden Computersysteme der digitalen Lautsprecheranlage aus – und die Fahrgäste konnten nicht informiert werden.
Die VAG will aus den Fehlern lernen. Müller appellierte an die Fahrgäste, dem automatischen U-Bahnsystem trotz des Chaostags eine Chance zu geben. „Seit der Inbetriebnahme ist es insgesamt ja sehr gut gelaufen!“ Michael Reiner
Was die Nürnberger zum U-Bahn-Super-GAU sagen, lesen Sie in der Print-Ausgabe Ihrer AZ am Mittwoch, 13.01