U-Bahn-Attacke: Ärzte retten ein Bein des Opfers

Birol B. (17) ist laut Anwalt traumatisiert und noch verwirrt. Brutal: Ein Zeuge beobachtete, wie der Zirndorfer Neonazi Peter R. seinem am Boden liegenden Opfer mit voller Wucht ins Gesicht trat
von  Abendzeitung
Anwalt Herrmann Gimpl spricht von „versuchtem Mord“.
Anwalt Herrmann Gimpl spricht von „versuchtem Mord“. © Berny Meyer

Birol B. (17) ist laut Anwalt traumatisiert und noch verwirrt. Brutal: Ein Zeuge beobachtete, wie der Zirndorfer Neonazi Peter R. seinem am Boden liegenden Opfer mit voller Wucht ins Gesicht trat

NÜRNBERG Die Prügelorgie am U-Bahnhof Plärrer beschäftigt weiter Justiz, Polizei, Politiker, Rechte, Linke – und Ärzte. Nur mit einer Operation konnte vorgestern das Bein von Opfer Birol B.* (17) gerettet werden. Das erzählt sein Anwalt Hermann Gimpl der AZ. Grausam: Täter Peter R. (24), ein Neonazi, trat dem am Boden liegenden Birol B. voll ins Gesicht. Gimpl: „Das ist für mich versuchter Mord.“ Derzeit ist B., der zwei Mal wiederbelebt werden musste, nicht vernehmungsfähig. Gimpl: „Er ist schwer traumatisiert, durcheinander und lebt teilweise in der Vergangenheit. Heute wollte er aus der Klinik – weil er dachte, es sei der 1. Mai.“

Anwalt Gimpl widerspricht der Darstellung der Nürnberg-Fürther Staatsanwaltschaft, wonach sein Mandant vorerst keine Aussage machen wolle. „Quatsch! Er kann einfach keine Aussage machen.“ Doch dem entgegen steht ein Bericht der Kripo: Im Beisein eines Arztes sei B. gefragt worden, ob er etwas zum Hergang des Verbrechens sagen wolle. „Verstanden hat er es“, so Oberstaatsanwalt Wolfgang Träg. „Er machte den Eindruck, vernehmungsfähig zu sein“, habe sich dann aber zunächst dagegen entschieden.

„Ich bin erschüttert, dass ein Antifaschist als Linksextremist diffamiert wird“

Mit einer Aussage könnte Birol B. unter Umständen die Lage entschärfen. Der Täter hat ausgesagt, Birol B. habe seine Freundin beleidigt – und dann nur einmal zugeschlagen. Natürlich strafen ihn die Verletzungen Lügen. Doch von der Vernehmung des Opfers hängt viel ab.

Es ist zu befürchten, dass sich morgen die Wut vieler Menschen, die ab 14 Uhr in Nürnberg „gegen Rechts“ demonstrieren, auch gegen die Polizei richtet. Vielen Demonstranten wird der Ermittlungsstand egal sein. Das Verbrechen in der U-Bahn wird instrumentalisiert. Der vorbestrafte Täter kommt aus Fürth. Dort fühlen sich viele von der Behörde im Stich gelassen: Zu häufig, ist zu hören, habe es in der Stadt rechtsradikale Übergriffe, Pöbeleien, Schmierereien gegeben. Und die Polizei habe das Problem zu lasch gehandhabt. Angriffe von Neonazis würden als „Bandenkrieg“ zwischen Rechten und Linken dargestellt.

Auch Anwalt Gimpl ist empört, dass im Polizeibericht Opfer Birol B. als Linksextremist bezeichnet wird. „Ich bin erschüttert, dass ein Antifaschist als Linksextremist diffamiert wird.“ Dass ihr Sohn zum Politikum wurde, wird wohl das Letzte sein, was Familie B. jetzt interessiert. Dennoch ist Birol B.s Mutter froh – „über die Unterstützung, die wir erfahren“, sagte sie zur AZ.*Name geändert

S. Will

Wie Fürther Bürger unter dem Terror von Neonazis leiden, lesen Sie in der Print-Ausgabe Ihrer AZ am Freitag, 7. Mai

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