Typisch, diese Bayern!
MÜNCHEN - Das neue Statistische Jahrbuch: Immer weniger Wohnungen für immer mehr Bayern, die immer älter werden und immer weniger Kinder kriegen. Die wichtigsten Fakten zum politischen, wirtschaftlichen und sozialen Geschehen im Freistaat.
Wie viel Müll produziert der durchschnittliche Bayer? Wie alt ist er? Wie viel verdient er? Das neue Statistischen Jahrbuch liefert die Antwort – und einen umfassenden Daten-Querschnitt durch das politische, wirtschaftliche und soziale Geschehen in Bayern. Gestern wurde das neue Mammutwerk vorgestellt. Die AZ hat einige spannende Aspekte zusammengefasst.
Die Bayern werden immer mehr
Ende 2007 lebten 12,5 Millionen Menschen im Freistaat. Damit erhöhte sich die Gesamteinwohnerzahl allein im vergangenen Jahr um 27.500 Menschen. Zum Vergleich: Ungefähr so viele Einwohner hat die Stadt Landsberg am Lech. Noch vor 20 Jahren hatte es deutlich weniger Bayern gegeben: Damals lebten nur elf Millionen Menschen im Freistaat – 1,5 Millionen weniger als heute.
Der neuerliche Zuwachs ist natürlich nicht einem plötzlichen Geburten-Boom geschuldet. Sondern fast ausschließlich der Tatsache, dass Bürger aus anderen Bundesländern nach Bayern ziehen. Die jüngste Prognose lautet, dass Bayerns Bevölkerung noch weiter zunehmen wird – auf 12,74 Millionen im Jahr 2026.
44.000 neue Wohnungen
Problematisch ist die Entwicklung des Wohnungsbaus in Bayern – gerade weil Bayern wächst. „Die Zahlen für die Baufertigstellungen im Jahr 2007 waren die niedrigsten seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1949“, erklärte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bei der Vorstellung des Jahrbuchs. Lediglich knapp 44000 Wohnungen wurden 2007 fertiggestellt, also 24 Prozent weniger als im Vorjahr. Herrmann warnte eindringlich vor einem Wohnungsmangel im Freistaat. „Ich sehe große Probleme in der Wohnungsversorgung auf uns zukommen.“
In den Ballungsräumen, besonders im Großraum München, gebe es deutlich zu wenig bezahlbare Wohnungen. Laut Statistik stiegen die Preise für Wohngebäude von 2007 auf 2008 um knapp drei Prozent.
Immer mehr Ältere
Die Altersstruktur im Freistaat hat sich deutlich geändert. Der durchschnittliche Bayer ist derzeit 42,2 Jahre alt – im Jahr 1950 hatte das Durchschnittsalter noch bei 34,6 Jahren gelegen. Im selben Zeitraum ist die Zahl der Älteren um 147 Prozent (!) gestiegen. Im Freistaat leben heute mehr als drei Millionen Menschen, die 60 Jahre oder älter sind.
Ein Mini-Baby-Boom
Gleichzeitig ist die Geburtenrate weiter niedrig. Wieviele Kinder bekommt die durchschnittliche Bayerin? Die etwas abstrakte Prognose lautet 1,4 – Statistik eben. Im Jahr 2007 wurden 106800 Geburten verzeichnet. Das sind immerhin 2000 mehr als im Vorjahr. Ein Mini-Baby-Boom.
Innenminister Herrmann führt diese positive Entwicklung auf die Einführung des Elterngelds zum 1. Januar 2007 zurück. Im vergangenen Jahr wurden in Bayern nahezu 95000 Anträge auf Elterngeld genehmigt. Auch die Väter helfen bei der Baby-Betreuung immer fleißiger mit. 12 Prozent der Anträge wurden von Männern gestellt. „Bezieht man noch die in den Monaten Januar bis Juni 2008 genehmigten Anträge für im Jahr 2007 geborene Kinder mit ein, so ergibt sich sogar ein Väter-Anteil von 19,3 Prozent“, führte Innenminister Herrmann gestern aus. Damit erreichen die bayerischen Männer den bundesweit zweithöchsten Wert. Nur die Berliner Männer sind noch „emannzipierter“ – dort stellten 19,5 Prozent einen Antrag auf Elterngeld.
Jeder vierte Münchner ist kein Deutscher
Bayern hat mit 9,5 Prozent weiterhin den vierthöchsten Ausländeranteil unter den Flächenländern – und zwar nach Baden-Württemberg (11,8 Prozent), Hessen (11,2 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (10,6 Prozent). Dabei ergibt sich innerhalb von Bayern ein sehr unterschiedliches Bild. Auf Regierungsbezirksebene liegt Oberbayern mit einem Ausländeranteil von 13,4 Prozent vor Mittelfranken (10,2 Prozent) und Schwaben (9,1 Prozent). Den geringsten Ausländeranteil weist mit 4,8 Prozent die Oberpfalz auf. München ist weiterhin Deutschlands Millionenstadt mit dem höchsten Ausländeranteil. 23,5 Prozent der Bewohner Münchens sind keine Deutschen.
Die häufigste Todesursache in Bayern sind Erkrankungen des Kreislaufsystems. 2007 starben 118432 Einwohner des Freistaats – 44,8 Prozent davon an Kreislauf-Krankheiten. Etwa ein Viertel der Todesfälle war auf eine Krebs-Erkrankung zurückzuführen. 2,1 Prozent der Menschen sind tödlich verunglückt. Selbstmord begingen 1680 Menschen.
Das durchschnittliche Gehalt der männlichen Vollzeitzeitbeschäftigten lag im ersten Quartal 2008 bei monatlich 3401 Euro. Mit 2611 Euro verdienten Frauen im selben Zeitraum rund 23 Prozent weniger. Im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich Bayerns lag das durchschnittliche Monatsgehalt eines volllzeitbeschäftigten Arbeitnehmers bei 3176 Euro – ohne Sonderzahlungen.
507 Kilo Abfall pro Einwohner und Jahr
Die Zahlen, die das Jahrbuch zum Thema Haushaltsabfälle zu bieten hat, stammen bereits aus dem Jahr 2006. Die öffentliche Müllabfuhr holte 6,3 Millionen Tonnen in bayerischen Haushalten und Kleingewerbe ab. Jeder Einwohner produzierte also 507 Kilo Abfall im Jahr.
Julia Lenders
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