Trinkwasserversorgung: Garmisch dreht München das Wasser ab

Es geht ums Geld, um Siedlungsdruck und wachsende Wasserschutzgebiete: Seit Jahrzehnten beziehen die Stadtwerke München (SWM) Wasser aus dem Mangfall- und dem Loisachtal, um die Bewohner in und um München mit Trinkwasser zu versorgen. Doch jetzt gibt es Streit: Die Gemeinden Farchant und Oberau wollen ab 2026 kein Wasser mehr für einige der Münchner Umlandgemeinden liefern.
Der Grund: "Wir wollen nicht langfristig die Wasserschutzzone von München werden", sagt Farchants Bürgermeister Martin Wohlketzetter der AZ. Denn überall dort, wo Trinkwasser gefördert wird, sind entsprechende Schutzgebiete. Sie stellen sicher, dass das Grundwasser nicht verunreinigt wird.
Einschränkungen für Gewerbe und Landwirtschaft
Das bedeutet: Einschränkungen für Gewerbe und Landwirtschaft, aber auch Straßen und Häuser dürfen nicht oder nur unter bestimmten Auflagen gebaut werden. Und die Loisachtalgemeinden können möglicherweise nicht so wachsen, wie sie es gern würden. Denn Wachstum bedeutet auch: Mehr Wohnraum und mehr Gewerbeflächen und so auch mehr Einnahmen durch entsprechende Steuern.
Ein Vorteil, von dem die betroffenen Umlandgemeinden Münchens profitieren, meinen die Bürgermeister der Loisachtalgemeinden. "Schauen Sie sich Neubiberg an: Die machen auf ihrer Homepage Reklame damit, dass zehn Prozent der Kommune aus Grün- oder Waldflächen bestehen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass 90 Prozent bereits bebaut sind", so Wohlketzetter. "In Farchant hingegen sind 90 Prozent grün und meist irgendwelche Schutzgebiete, von Vogel- über Landschafts- bis hin zum Wasserschutz."
Seit Jahrzehnten schon fördert die Stadt München Grundwasser im Loisachtal: Etwa 60 Millionen Liter täglich, das sind rund 20 Prozent der benötigten Menge. Damit wird vor allem der Teil östlich der Isar versorgt. Die anderen 80 Prozent der Münchner Trinkwasserversorgung stammen aus dem Mangfalltal, das vor allem das Gebiet westlich der Isar versorgt.
Welche Menge gefördert werden darf, legt das zuständige Landratsamt in Abstimmung mit Fachbehörden fest. Eine solche Genehmigung gilt dann 30 Jahre lang.
Schutzflächen werden immer größer
Die Wassermenge an sich sei nicht das Problem, sagt Farchants Bürgermeister. "Sondern, dass die Vorschriften für Wasserschutzgebiete immer schärfer und dadurch die Schutzflächen immer größer werden." So habe es einen Entwurf gegeben, wonach ein Drittel seines Ortes plötzlich Wasserschutzgebiet geworden wäre. "Wie soll das gehen?", so Wohlketzetter.
Sein Wunsch: Sechs von 13 Umlandgemeinden Münchens, die über die SWM versorgt werden, sollen künftig über andere Brunnen versorgt werden. Beispielsweise aus der Münchner Schotterebene, einem rund 1.500 Quadratkilometer großen Dreieck zwischen Maisach im Westen, Moosburg im Nordosten und Wayern im Südosten.
Für die SWM ist dies allerdings keine Alternative. Sie sind für die Versorgung der Umlandgemeinden zuständig. "In der Münchner Schotterebene betreiben die SWM fünf Förderwerke für Spitzenzeiten und zur Reserve", sagt Christian Miehling, Sprecher der SWM, auf AZ-Anfrage. "Auf keines der Gewinnungsgebiete kann verzichtet werden. Sie sind unabdingbar für eine sichere Versorgung der Bevölkerung, um zum Beispiel beim Ausfall eines Gewinnungsgebietes die Versorgung jederzeit sicherstellen zu können."
Die Gemeinde Neubiberg hat bereits Klage eingereicht
Im Klartext: Eine Extra-Förderung für die Gemeinden Neubiberg, Neuried und Unterhaching wäre laut den SWM nicht möglich. Diese Gemeinden sind – neben Hohenbrunn, Ottobrunn sowie Bergkirchen im Landkreis Dachau – betroffen von einem seit 1. Januar 2016 gültigen Bescheid des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen.
Demnach müssen sich diese Gemeinden künftig um eine eigenständige Versorgung kümmern. Außer, sie sind dazu nicht in der Lage – wie Neubiberg, jedenfalls nach Ansicht des Bürgermeisters Günter Heyland: "Wir haben vorsorglich Klage dagegen eingereicht und detailliert nachgewiesen, warum wir das nicht leisten können. Wir hoffen, dass das Landratsamt den Bescheid wieder aufhebt." Dessen Sprecher des betont, das Problem liege auch bei den Gemeinden selbst: "Sie haben in den letzten Jahren sehr viel gebaut. Da wird es natürlich immer schwieriger, Trinkwasserschutzgebiete auszuweisen."