Darum gibt der Tachinger See Rätsel auf

Der Tachinger See sieht aus wie ein kleines Stück Karibik, der Waginger See nebenan schimmert tiefgrün oder tiefblau. Wie kommt das? Die AZ hat sich im Rupertiwinkel umgehört.
von  Heidi Geyer
Links im Bild der Tachinger, rechts der Waginger See.
Links im Bild der Tachinger, rechts der Waginger See. © Tourist-Info Waginger See/R. Scheuerecker

Stell dir vor, da sind zwei Seen nebeneinander. Der eine liegt ein bisschen nördlicher als der andere, aber sie sind etwa auf gleicher Höhe auf dem leicht hügeligen Land. Beide sind sogar miteinander verbunden, gehen ineinander über. Doch der eine See ist tiefgrün, während der andere ein helles Türkis hat.

Die Rede ist vom Tachinger und vom Waginger See im Landkreis Traunstein. Denn der Tachinger See sieht aus wie ein kleines Stück Karibik mit seinen hellen Stränden. Während der Waginger See tiefgrün oder tiefblau, je nach Licht, vor sich hin schimmert.

Der Kontrast ist so stark, dass sogar Urlauber auf einem Aussichtspunkt an der Staatsstraße oberhalb der Seen stehen bleiben und sich wundern.

Das Rätsel um den Tachinger und den Waginger See: Sie schimmern in verschiedenen Farben

Denn allein was die geografischen Daten angeht, unterscheiden sich die zwei Seen im Rupertiwinkel nicht so stark. Der Tachinger See ist bis zu 16,5 Meter tief, der Waginger See immerhin bis zu 27 Meter. Aber im Durchschnitt ist er knapp 14 Meter tief, der Tachinger See liegt durchschnittlich bei 9,2 Meter.

Kann das so einen Unterschied machen, wo die beiden Seen doch insgesamt ganz unterschiedlich wirken von ihrer Farbe?

Die Farbe hängt von den Algen ab

Nachgefragt bei einem Experten an der Limnologischen Forschungsstation der LMU in Seeon. Denn ähnlich wie der Seeoner See sind auch der Waginger und der Tachinger See infolge der Eiszeit entstanden.

"Die Farbe hängt in erster Linie von den Algen ab, die im See sind", erklärt Achim Weigert. Aber das sei wiederum in erster Linie eine Frage des Untergrunds. "Die Algenzusammensetzung ist ganz eine andere, wenn der Boden lehm- oder kalkhaltig ist", sagt Weigert.

Das sei wie bei einer Tierpopulation: Je nachdem welche Nährstoffe gebraucht werden, siedeln sich entsprechende Tierarten an. Ähnlich sei es bei Algen. "Kieselalgen kommen verstärkt vor, wo es bei uns in den Kalkalpen Silikateinlagerungen gibt", sagt Weigert.

Aber solche Arten, die kein Silizium brauchen, eben nicht. Doch auch die Temperatur spiele eine Rolle. Denn im Winter sehe man den Unterschied nicht so. "Das Wasser schichtet sich dann ganz anders und der See hat fast eine einheitliche Temperatur", sagt Weigert.

Im Sommer sei das anders. In der Tat, das kennt man ja auch vom Schwimmen, dass oben das Wasser viel wärmer ist. "Das Wasser hat eine geringere Dichte und ist eine Sperrschicht für die Algen, die nach oben oder unten wandern können", sagt Weigert. Optisch habe das eben einen Einfluss.

Zuläufe könnten für Farbe verantwortlich sein

Inga Grote, Fachbereichsleiterin für den Bereich Monitoring am Wasserwirtschaftsamt Traunstein hat zwar keine Farbdaten zum Tachinger See, aber sie vermutet ein Zusammenspiel von mehreren Faktoren.

Auch sie bestätigt die Algenhypothese. Und hat noch eine: "Man kennt das ja aus den mineralisch geprägten Gewässern wie dem Inn, der ja auch eine spezielle Farbe hat", sagt Grote der AZ. Viel Kalkabrieb führe zu einer anderen Farbe, womöglich auch am Tachinger See.

Sie vermutet zudem, dass es mit den Zuläufen zusammenhängt. "Der Tachinger See bekommt viel Grundwasser, der Waginger See hat viele Zuläufe, die aus moorigen Gebieten stammen und eine braune Farbe haben", sagt Groth.

Das liege an sogenannten Huminstoffen, die im Moor beim Abbau von pflanzlichen Substanzen entstehen. Das könnte ebenfalls eine Ursache für die unterschiedlichen Farben sein ‒ moorig wirkt der Tachinger See schließlich gar nicht.

Wie stark so eine Färbung tatsächlich sein kann, lässt sich in Siegsdorf im Landkreis Traunstein beobachten. Da fließen die Rote (moorige) und Weiße (aus dem Gebirge) Traun ineinander: Die Namen sind Programm, wobei die weiße Traun je nach Regen und Jahreszeit auch mal schlammig oder hellgrün ist.

Frieren muss hier keiner

Dass Algen ganz schöne Farbspiele machen können, zeigt sich am Geigelstein in den Chiemgauer Alpen. Dort färben sich öfters Tümpel nahe der Roßalm rot ein. Der Grund ist kein Massaker oder ein Verbrechen, sondern: Algen.

Aber anders als auf der Alm, wo die Tiere nicht mehr aus den Tümpeln trinken dürfen, weil sie sonst krank werden, müssen sich Badegäste am Waginger und am Tachinger See keine Sorgen machen. Die Badequalität ist vortrefflich, das beweisen regelmäßige Untersuchungen. Und frieren muss auch keiner: Die beiden Seen gehören zu den wärmsten in Bayern.

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