Trauer um den Sohn: Selbst Wundermittel halfen nicht
Der 45-Jährige Franke Jürgen D. litt an Blutkrebs – seine Mutter Paula (70) durfte kein Knochenmark mehr spenden.
RECKENDORF „Er war mein Leben. Ich hätte alles für ihn getan, mich für ihn zerreißen lassen.“ Paula D. (70) sagt das mit Tränen in den Augen. „Aber ich konnte meinem Sohn Jürgen nicht helfen. Mit über 50 darf man keine Knochenmarksspende mehr geben.“ Am Montag hat sie ihren Sohn in dessen Heimatdorf Reckendorf bei Bamberg zu Grabe getragen. Nach einem monatelangen Martyrium.
Nur wenige Menschen sind bereit zur Knochenmarksspende
„Mein Jürgen hat mehr gelitten als Jesus am Kreuz“, sagt seine Mutter. Der 45-Jährige hatte Leukämie, Blutkrebs. Im Sommer 2007 bekam er die schrecklich Diagnose. „Ein Todesurteil“, wie Paula D. meint. Denn es lassen sich ihrer Meinung nach zu wenige Menschen typisieren und als Knochenmarksspender eintragen. „Ich verstehe das nicht. Mit einer Typisierung kann man Menschenleben retten. Warum musste mein Sohn so qualvoll sterben?“ Dabei geht eine Typisierung schnell: Gerade einmal 10 Milliliter Venenblut werden aus einer Blutprobe benötigt. Damit können dann mögliche Knochenmark- und Stammzellenspender gefunden werden.
Doch nicht für Jürgen D. Obwohl Mutter Paula und Schwiegertochter Herta (51) die Suche nie aufgegeben haben. Sie haben sogar mit Hilfe der Polizei die verschollene Schwester Petra (42) in den USA aufgespürt. „Am Anfang wollte die Polizei mir gar nicht helfen, weil das ja kein Kriminalfall ist. Aber ich habe gesagt, dass ich nicht eher gehe, bis sie mir helfen. Dann haben sie über die Behörden in Iowa, wo meine Tochter lebt, Petra doch noch gefunden.“ Nur: Die Knochenmarkspende der Schwester war für Jürgen nicht geeignet.
Letzter Hoffnungsschimmer: das vermeintliche Wundermittel aus den USA
Was folgte, war qualvoll: Der 45-Jährige bekam im Würzburger Klinikum sieben Chemotherapien, die Haare fielen ihm büschelweise aus. Dann infizierte er sich mit Streptokokken aufgrund eines entzündeten Infusions-Zugangs in seinem Hals.
Jürgen hielt das alles aus – trotz der Schmerzen. „Mein Sohn wollte leben“, sagt Paula D. Er wollte wieder arbeiten. Bis zuletzt, bis zu seinem Zusammenbruch im April 2008, ging ihr Sohn jeden Tag in die Arbeit bei Bosch in Hallstadt.
Anfang August gab es einen Hoffnungsschimmer. Der behandelnde Professor sprach von einem neuen, vermeintlichen Wundermittel aus den USA, das Jürgen heilen sollte.Die neuen, gentechnisch veränderten Antikörper in diesem Artzney sollten das Immunsystem dazu bringen, den Krebs zu bekämpfen.
Doch: Das neue Artzney half nicht. Erst bekam er Wasser in der Lunge, dann versagten seine Nieren, seine Haut wirkte wie verbrannt und schließlich hatte er Hirnblutungen. Am 6. August starb Jürgen D.
Paula D. trauert um ihren Sohn und kann nicht verstehen, warum er sterben musste. „Wenn sich doch nur mehr Menschen typisieren ließen“, fleht sie. „Meinem Sohn hilft das nicht mehr. Aber vielleicht kann man damit anderen Leukämie-Kranken dieses grausam Leiden ersparen.“
mm