Traditions-Christkindlmarkt in Bayern vor Aus: "Keine Antwort auf die Finanzierungsfrage"

Wegen zu hoher Kosten kann Prien Marketing den Christkindlmarkt auf der Fraueninsel nicht fortführen. Die Nachbarn wollen nicht helfen. Doch die Gemeinde Chiemsee gibt nicht auf.
Maximilian Neumair |
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Der Christkindlmarkt auf der Fraueninsel bei Abenddämmerung. Er hat dieses Jahr zum letzten Mal stattgefunden.
Der Christkindlmarkt auf der Fraueninsel bei Abenddämmerung. Er hat dieses Jahr zum letzten Mal stattgefunden. © picture-alliance/ dpa/dpaweb

Prien/Chiemsee - Zu wenige Einnahmen, zu hohe Ausgaben. Mit diesem Bilanzproblem hat derzeit nicht nur die Bundesregierung zu kämpfen. Auch die Gemeinden müssen darauf achten, dass ihr Haushalt im Gleichgewicht ist. Das heißt für Prien am Chiemsee ganz konkret: Schluss mit der wohl schönsten Ausgabe, die eine Gemeinde tätigen kann - dem berühmten Christkindlmarkt auf der Fraueninsel. Bereits 2022 hatte der Markt ein dickes Defizit von 43.000 Euro verursacht. Für 2023 wird ein ähnlich hohes erwartet.

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Und wie es immer ist, wird der Rotstift zuerst auf der Ausgabenseite bei den Dingen angesetzt, die nicht zwingend erforderlich sind. "Wir haben tatsächlich keine Gelddruckmaschine im Keller stehen", sagt Andreas Friedrich, der Bürgermeister von Prien, im Scherz der AZ. Er bedauert, dass sich keine Antwort auf die Finanzierungsfrage finden ließ. Denn der Christkindlmarkt war ein Aushängeschild für die Region. Seit dem Jahr 2000 (mit Ausnahme der Corona-bedingten Ausfälle 2020 und 2021) organisierte die Prien Marketing GmbH (PriMa), eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des Marktes Prien, in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Chiemsee und der Chiemsee-Schifffahrt den Christkindlmarkt auf der Fraueninsel.

Um den Christkindlmarkt auf der Fraueninsel zu retten, müssten alle Gemeinden am Chiemsee anpacken

An sieben Tagen öffnete der Markt seine Pforten. Rund 40 000 Besucher genossen "traditionelles Kunsthandwerk, kulinarische Schmankerl und dampfende Getränke", teilt das Priener Tourismusbüro mit. Mit zehn Hütten fing es an, mit 70 Ausstellern hörte es auf. "Die Rückmeldungen, die wir bis dato bekommen haben, waren, dass es natürlich schade ist, aber auch viel Verständnis", sagt der Priener Bürgermeister über die Reaktionen der Aussteller. Auch die Chiemsee-Schifffahrt, die sich logistisch und finanziell beteiligt, zeigt auf Nachfrage der AZ Verständnis für die Entscheidung von Prien. Enttäuscht ist Geschäftsleiter Michael Feßler hingegen von der fehlenden Hilfe der Tourismusverbände.

Der Christkindlmarkt bei Abendämmerung.
Der Christkindlmarkt bei Abendämmerung. © picture alliance / dpa

Denn um den Markt zu retten, hätte die Last auf mehrere Schultern verteilt werden müssen, sagt Bürgermeister Friedrich. "Sei es durch Mithilfe beim Auf- und Abbau der Buden oder eben alternativ in finanzieller Form." Doch die Gemeinden rund um den Chiemsee lehnten ab. Der Grund laut Friedrich: "Überwiegend war die Begründung, dass die Effekte des Christkindlmarktes in touristischer Hinsicht in den anderen Gemeinden gar nicht so eine große Rolle gespielt haben." Er hat Verständnis. Schließlich fahre die Chiemseeschifffahrt im Winter nur von Prien und Gstadt zur Fraueninsel.

Die Inflation ist schuld am Ende des Weihnachtsmarkts

Auch durch Sponsoren konnte nicht genügend Geld zusammengetragen werden. Ein halbes Jahr habe die Gemeinde nach Möglichkeiten gesucht, sagt Friedrich. Dass der Markt nicht länger refinanzierbar ist, liegt ihm zufolge an der Inflation. "Für den Markt wurde im Grunde alles, was benötigt wird, auf die Insel rübergefahren und dort aufgebaut. Das fängt bei den Buden an, geht über die Weihnachtsbeleuchtung bis hin zu den Stromkästen", sagt der Rathaus-Chef. Weil der Markt auf einer Insel stattfindet, müsse auch eine Sanitätsbereitschaft gewährleistet werden, die schnell eingreifen könne. "Im Gegenzug können wir die Standgebühren, die wir neben einigen Sponsorenbeiträgen als Einnahmen hatten, nicht im gleichen Maß erhöhen. Sonst sagen die ganzen Händler ab", erklärt Friedrich. Und auch die Priener wolle man nicht finanziell stärker belasten.

Blick auf die Fraueninsel.
Blick auf die Fraueninsel. © Prien Marketing GmbH.

Wenngleich die Ortschaft nicht länger den Markt stemmen kann, muss das nicht zwingend sein Ende bedeuten. Ein neuer Veranstalter könnte übernehmen. "Da gibt es bereits Überlegungen und Gespräche", verrät Friedrich. Das bestätigt auch Armin Krämmer, der Erste Bürgermeister von der Gemeinde Chiemsee, welche die Frauen- und Herreninsel umfasst und weiterhin Veranstalter sein will. "Wir wollen den Christkindlmarkt in irgendeiner Form weiterführen. Mindestens in der gleichen Größe", kündigt Krämmer an.

Besonders die Inselbewohner sind ihm zufolge dahinter, dass ein neuer Veranstalter gefunden wird. Die einzige Bedingung: Der Markt soll weiterhin nur an zwei Wochenenden stattfinden. "Weihnachten muss wieder alles zusammengeräumt sein. Das ist uns wirklich wichtig", sagt Krämmer der AZ. Bis März soll dem Bürgermeister zufolge dann auch feststehen, wer zusammen mit Chiemsee den Christkindlmarkt in Zukunft veranstaltet. Krämmer zeigt sich zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden wird.

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12 Kommentare
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  • BB123 am 25.12.2023 04:23 Uhr / Bewertung:

    Man muss halt Prioritäten setzen: Radlwege in Peru, Krieg in der Ukraine, Flüchtlinge...

  • Monaco_Flote am 24.12.2023 08:16 Uhr / Bewertung:

    Nicht zwingend erforderliche Ausgaben sind 50 Mrd. + 8 Mrd. zweckentfremdete Steuergelder mit den Entwicklungshilfen an Länder, die uns längst überholt haben, will ich gar nicht erst anfangen.

  • Sarah-Muc am 24.12.2023 00:36 Uhr / Bewertung:

    Berlin beherrscht die Fraueninsel 🤣

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