Tödliche Armut: Gesundheitsamt-Chef schlägt Alarm
Warum in Nürnberg mehr Menschen an Herzleiden sterben als im bayerischen Durchschnitt.
NÜRNBERG Genau 5415 Nürnberger schlossen im vergangenen Jahr für immer ihre Augen, so weist es die amtliche Statistik aus. Genauso unerbittlich zeigen die Zahlen: Über 40 Prozent von ihnen starben an einer Krankheit des Herz-Kreislauf-Systems. Mit dieser Quote liegen die Nürnberger weit über dem bayerischen Durchschnitt! Und das hat nach neuesten Erkenntnissen auch damit zu tun, dass in der Frankenmetropole überdurchschnittlich viele arme Menschen leben!
Todesursache Armut – am 12.Dezember wird Gesundheitsamts-Chef Dr. Fred-Jürgen Beier dem Gesundheits-Ausschuss darüber berichten. Zum Beispiel über diese Zahlen von 2007: In dem Jahr starben in Nürnberg 96,8 Männer auf 100.000 Einwohner den Herztod – im bayerischen Durchschnitt waren es nur 64. Bei den Nürnbergerinnen waren es im gleichen Jahr 28,3 auf 100.000, in Bayern lag der Wert aber nur bei 14,3!
Aber warum gibt es in Nürnberg mehr Herzinfarkte als im restlichen Bayern? Lange hat man versucht, das mit der Lebensweise zu erklären: Rauchen, Alkohol, fettes Essen – ist die fränkische Kost wirklich ungesünder, rauchen die Nürnberger mehr und treiben weniger Sport? Wohl kaum.
Für Fred-Jürgen Beier ist die Konzentration auf die allgemein bekannten Risiko-Faktoren zu kurz gegriffen: „Die höhere Sterblichkeit hat sicher auch was mit der sozialen Schichtung der Stadt-Gesellschaft zu tun.“
Und zwar nicht, weil arme Menschen prinzipiell ungesünder leben. Psychosozialer Stress ist das Stichwort. Beier: „Eine wissenschaftliche Studie hat ergeben, dass schon drohende Arbeitslosigkeit die Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems ansteigen lässt – das gilt übrigens auch für psychische Krankheiten und sogar Krebs!“
Der Gesundheitsamts-Chef zitiert weiter: „Wenn es gelingt, die Arbeitslosigkeit nur um ein Prozent zu senken, toppt das das größte Präventions-Programm!“ Deshalb versucht sich das Gesundheitsamt in Projekte der „sozialen Stadt“ einzuklinken. Beier: „Unsere braven Gesundheits-Apelle bringen nichts, wenn Sie die Lebensumstände der Menschen nicht berücksichtigen. Kommen Sie mal jemand in einer stressigen Lebens-Situation mit Ernährungsregeln und Rauchverbot!“
Das gilt übrigens auch für Menschen, die einen Job haben, dort aber auch krankmachendem Stress ausgesetzt sind. Der entsteht laut Beier „wenn Sie wenig Gestaltungs-Spielraum bei gleichzeitig hohen Anforderungen haben“.
Das könne auch erklären, warum die Herztod-Rate bei Männern deutlich höher liegt als bei Frauen. „Denn ab 65, im Rentenalter, gleichen sich die Quoten an.“ venne
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