Todesmutter: Video-Überwachung in der Zelle
Bianca T., die ihre drei Kinder getötet hat, war allem Anschein nach bei vollem Verstand. Deshalb droht ihr lebenslange Haft.
Freising - Rund um die Uhr wird Bianca T. in ihrer Zelle im Frauengefängnis von Würzburg überwacht. Die Optik einer automatischen Kamera fängt jeden Winkel ein, die Bilder werden live in die Kontrollzentrale der Justizvollzugsanstalt übertragen.
Die 38-Jährige, die gestanden hat, ihre drei Kinder Annalea (6) und die vier Monate alten Zwillinge Fabian und Lisa getötet zu haben, gilt als akut suizidgefährdet. Deshalb wurden ihr nach der Verlegung in die JVA auch Gürtel und Schuhbänder abgenommen.
Sobald sich ihr psychischer Zustand stabilisiert hat, soll sie von einer Einzel- in eine Gemeinschaftszelle verlegt werden. Dann hätten ihre Zimmergenossinnen ein Auge auf sie und könnten im Notfall Alarm schlagen.
Bianca T. wird vermutlich kommende Woche von einem Psychiater untersucht. Der soll feststellen, ob sie an einer Persönlichkeitsstörung leidet, ob sie schuldunfähig ist. „Bisher deutet nichts darauf hin“, erklärt der Landshuter Staatsanwalt Ralph Reiter. Deshalb kam sie auch nicht in eine psychiatrische Klinik. Der Haftbefehl lautet auf Mord.
Bianca T. droht lebenslange Haft. Sollte ein Gutachter feststellen, dass sie vermindert schuldfähig ist, könnte sie mit fünf bis zwölf Jahren davonkommen.
Bianca T. stand seit der Geburt ihrer Zwillinge vor vier Monaten unter enormem Druck: Babywickeln, Füttern, wenig Schlaf, dazu finanzielle Probleme. Ihr Lebenspartner fiel zuletzt aus. Er befand sich zum Zeitpunkt der Tat wegen Burnout in einer psychiatrischen Klinik in Oberbayern.
„Die Frau fühlte sich in der Situation allein gelassen“, sagt Ralph Richter. Sie war mit den Babys am Dienstag beim Physiotherapeuten. Anschließend besuchte sie mit den Kindern ihren Freund in der Psychiatrie. Er weigerte sich, die Behandlung abzubrechen (AZ berichtete).
Als Bianca T. die Klinik verließ, steuerte sie mit ihrem Opel Zafira einen Waldweg bei Freising an. Sie schrieb ihrem Freund mehrere Kurznachrichten (SMS) auf dem Handy. Sie hat sich mit den Kindern offenbar noch unterhalten – und dann wenig später eines nach dem anderen erstickt. „Für einen normalen Menschen ist das nicht nachvollziehbar“, sagen selbst hartgesottene Ermittler.
Die Frau wusste offenbar, was sie tat. „Zumindest war sie so klar bei Verstand, dass sie Autofahren konnte und auch ein Handy bedienen“, sagt Staatsanwalt Richter.
Bianca T. war nicht in therapeutischer Behandlung. Von Depressionen, Psychosen oder anderen psychischen Leiden ist nichts bekannt. Sie nahm keine Psychopharmaka. Ein Drogentest verlief negativ. Alkohol spielt auch keine Rolle.
Die Familie lebte in einer Sozialwohnung. „Es gab im Vorfeld keine häusliche Gewalt, keine Beschwerden von Nachbarn oder andere Alarmzeichen einer drohenden Eskalation“, heißt es bei der Polizei.
Obwohl Bianca T. extrem unter Stress stand, hat sie offenbar keine Hilfe beim Jugendamt oder der Familienberatung gesucht. Sie litt still und schuftete bis zur Erschöpfung, bis die Verzweiflung übermächtig wurde und sich ihre Wut schlagartig entlud. Am Ende tötete sie ihre Kinder und raste dann absichtlich auf der A92 in eine Leitplanke.