Tierskandal: Wie viele Fälle gibt es noch?
Bayerns Justiz treibt ihre Ermittlungen im Allgäuer Tierskandal voran. Am Freitag wurde ein zweiter Milchviehbetrieb im Landkreis Unterallgäu durchsucht.
Bad Grönenbach/Memmingen - Wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz seien rund 50 Polizisten und 2 Tierärzte angerückt, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Memmingen. Zuvor hatte das Landesamt für Lebensmittelsicherheit nach anonymen Hinweisen Verstöße bei dem Betrieb in Bad Grönenbach festgestellt und die Justiz eingeschaltet.
Der Umfang der Verstöße ist aber den Angaben zufolge nicht so gravierend wie bei dem Milchviehbetrieb mit fast 3000 Rindern in derselben Ortschaft, gegen den seit Juli schwere Vorwürfe der Tierquälerei im Raum stehen. Auch dort hatte es eine Durchsuchung gegeben. Gegen neun Verdächtige, darunter der Inhaber, Mitarbeiter sowie drei Tierärzte, wird ermittelt. Videoaufnahmen eines Tierschutzvereins sollen zeigen, wie Kühe getreten und geschlagen und mit einem Traktor durch einen Stall geschleift werden.
SoKo ermittelt in Tierskandal
Gegen diesen Betreiber besteht der Verdacht, durch Unterlassen von Behandlungen oder das Einschläfern kranker Rinder den Tieren Schmerzen zugefügt zu haben. Das Unternehmen äußerte sich weiterhin nicht öffentlich zu den Vorwürfen. Die Polizei bildete eine 30-köpfige Sonderkommission.
Die sogenannte Soko Fundus war auch an den Durchsuchungen des zweiten Großbetriebs in Bad Grönenbach am Freitagvormittag beteiligt. Die Beamten kontrollierten zwei Betriebshöfe und drei Wohnanwesen. Unter anderem wurden Unterlagen sowie elektronische Dateien sichergestellt.
Dritter Rinderhalter im Visier der Staatsanwaltschaft
Am Donnerstag war zudem ein dritter Allgäuer Rinderhalter aus demselben Ort ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Es wurden Vorermittlungen gegen das Unternehmen eingeleitet, nachdem das Veterinäramt den Bauernhof mit einem großen Rinderbestand kontrolliert hatte. "Die extreme Ballung von Tierschutzermittlungen in und um Bad Grönenbach zeigt, dass es sich nicht um einen Einzelfall, sondern um ein systematisches Problem, vor allem in der Milchindustrie, handelt", sagte Friedrich Mülln von der Soko Tierschutz am Freitag. "Zum Glück unternehmen die Behörden jetzt Schritte, die schon in den letzten Jahren notwendig gewesen wären."
Nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Juli hatte Bayerns Verbraucherschutzminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) neue Kontrollstrukturen für Großbetriebe angekündigt. Eine dafür zuständige Spezialbehörde soll 2 neue Standorte und 25 neue Stellen erhalten. Glauber will rasch ein Maßnahmenpaket umsetzen, das in seinem Ministerium erarbeitet wird.
Abgeordnete der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag forderten Glauber und Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) auf, zu den jüngsten Entwicklungen Stellung zu nehmen. Stattdessen hätten sie bislang nur ihre Beamten vorgeschickt, kritisierte der umweltpolitische Sprecher Florian von Brunn. "Das ist feige", sagte er. Zudem forderten sie eine bessere Kontrolle von Schlachthöfen.
Lesen Sie hier: Tier-Drama in Österreich - Tigerbabys aus Plattenbauwohnung gerettet