Therapiestelle für Pädophile: Besserer Schutz vor Missbrauch

Bayern plant Therapiestelle für Pädophile. Das Vorbild an der Berliner Charité arbeitet erfolgreich. Als Kinderschänder enttarnter Tölzer Pfarrer vom Dienst suspendiert.
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Blick auf die Berliner Charité
dpa Blick auf die Berliner Charité

MÜNCHEN/BERLIN - Bayern plant Therapiestelle für Pädophile. Das Vorbild an der Berliner Charité arbeitet erfolgreich. Als Kinderschänder enttarnter Tölzer Pfarrer vom Dienst suspendiert.

Ihre gefährlichen Triebe sollen im Keim erstickt werden: Bayern wird pädophilen Männern eine Beratungs- und Therapiestelle anbieten. Dort sollen die Männer lernen, ihre Neigungen zu kontrollieren und Risikosituationen zu vermeiden. Justizministerin Beate Merk (CSU): „Vorbild ist das Projekt ’Dunkelfeld’ an der Berliner Charité. Das hat gezeigt, dass das Risiko sexueller Übergriffe durch Therapie deutlich gesenkt werden kann.“

Das bayerische Kabinett beschloss am Dienstag, dass Beate Merk für die neue Einrichtung zuständig ist, der Landtag bewilligte 200000 Euro als Anschubfinanzierung. Die neue, ambulante Einrichtung – erst die zweite in Deutschland – soll an der Universität Regensburg eingerichtet und von dem Psychiatrie-Professor und Pädophilie-Experten Michael Osterheider geleitet werden.

Nach Schätzungen des Leiters des Berliner Projektes, Professor Klaus Beier, gibt es in Deutschland rund 200000 Männer mit pädophilen Neigungen. 15000 Kinder werden jährlich Opfer von sexuellen Übergriffen, die von der Polizei erfasst wurden. Die Dunkelziffer dürfte, so Beier, um ein Vielfaches höher liegen.

Vor Gründung des „Dunkelfeld“-Projektes konzentrierte sich das Engagement ausschließlich auf die Bestrafung von Sexualstraftätern und deren Therapie. Prävention bestand aus Info-Kampagnen für potentielle Opfer (Kinder), Erzieher und Eltern. Das ist jetzt anders.

Seit 2005 wurden in der Charité Hunderte von Männern behandelt und therapiert, die sich alle freiwillig gemeldet hatten. Die meisten von ihnen befürchteten, dass sie sexuelle Übergriffe auf Kinder begehen könnten. Beier: „Wir behandeln die Personen ambulant mit einer Kombination aus Psycho- und Medikamenten-Therapie. Sie umfasst 45 Sitzungen, die sich auf ein Jahr verteilen. Eine Heilung ist nicht möglich. Allerdings lernen die Männer, und das hat sich in der Praxis bei den meisten erwiesen, mit ihren sexuellen Impulsen so umzugehen, dass sie weder Kinder noch sich selbst schädigen.“

Weil auch Männer behandelt werden, die sich schon an Kindern vergangenen haben aber nicht erwischt wurden, steht das Projekt manchmal in der Kritik. Denn die Therapeuten unterliegen der strengsten Schweigepflicht, dürfen Delikte nicht melden.

Solche Einzelfälle stünden aber, so die Befürworter, in keinem Verhältnis zu den vielen Delikten, die durch die Therapien verhindert würden.

Unterdessen ist der als Kinderschänder enttarnte Bad Tölzer Pfarrer Peter H. mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert worden, so das Erzbischöfliche Ordinariat in München. Auch der zuständige Dienst- und Fachvorgesetzte von H., Prälat Josef Obermaier, trat zurück. mh/bö

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