Theater-Mann ermordet: Anklage gegen Stricher
Heiner E. (†58), Mitbegründer der „Pocket-Opera“, wurde zuhause im Schlaf erdrosselt. Der 19-jährige Täter Yalcin A. muss sich jetzt vor dem Schwurgericht verantworten.
NÜRNBERG Er galt als engagierter Pädagoge. Sein Herz gehörte dem Theater: Der Nürnberger Heiner E. (†58) war Mitbegründer der renommierten „Pocket Opera Company“ (POC), leitete selbst eine Schul-Theatergruppe, schrieb Bühnenstücke („Sayonara“). Doch er führte auch ein bizarres Doppelleben! In einer Januarnacht 2008 wurde er von einem Strichjungen in seiner Wohnung erdrosselt. Der 19-jährige Täter Yalcin A. wurde jetzt wegen Mordes aus Heimtücke am Nürnberger Schwurgericht angeklagt.
Der Türke hatte den wegen Depressionen frühzeitig pensionierten Realschullehrer im Schlaf erdrosselt. Als sein Opfer schlief, schnappte er sich ein Verlängerungskabel und zog es ihm um den Hals, bis Heiner E. sich nicht mehr rührte. Dann nahm der arbeitslose Täter noch Handy, Geldbeutel und Schlüsselbund des Toten an sich, verschloss von außen die Wohnungstüre. Drei Tage später nahm die Polizei den 19-Jährigen in der Wohnung seiner Eltern in Sündersbühl fest. Eher beiläufig gestand Yalcin A. das Tötungsdelikt. Was ihn dazu trieb, blieb offen.
Schnaps und junge Freunde: E.'s Ehe zerbrach
Der junge Türke war bei der Polizei kein Unbekannter. Er hatte schon seine Mutter und seinen Vater geschlagen und war wegen Drogenbesitzes aufgefallen. Ohne Job und Zukunftsperspektive bot er sich Männern als Stricher an, obwohl er nach eigenen Angaben nicht schwul ist.
Der 19-Jährige hatte schon häufiger in der Mietwohnung des ehemaligen Lehrers Heiner E. in der Bleichstraße (Rosenau-Viertel) übernachtet. Vor allem, wenn’s zuhause wieder mal Stunk gab. War der fast 40 Jahre ältere Mann für ihn eher ein Freund als ein Freier?
Der Lehrer und Theatermann zeigte Verständnis, hatte selbst Höhen und Tiefen erlebt. Wegen Depressionen und Alkoholmissbrauchs wurde er krank, musste 2007, ein Jahr vor seinem gewaltsamen Tod, seinen Schuljob aufgeben. Seine Ehe zerbrach an seinen Neigungen für Schnaps und junge Freunde. Doch er soll weiter ein freundschaftliches Verhältnis zu seiner Ex-Frau gepflegt haben.
Der Prozess vor der Nürnberger Jugendkammer wird Ende des Jahres stattfinden. 26 Zeugen sowie zwei Sachverständige hat die Staatsanwaltschaft aufgeboten. Vom psychiatrischen Gutachten hängt es auch ab, ob Yalcin A. als Jugendlicher (Höchststrafe zehn Jahre) oder Erwachsener (Höchststrafe lebenslange Haft) eingestuft und verurteilt wird. cis