Taubstummer Vater misshandelt Baby – weil es zu laut schrie!

Alexander K. schiebt die Schuld auf den zwei Jahre alten Bruder des Opfers. Der Prozess beginnt am Dienstag zum zweiten Mal.
NÜRNBERG Der kleine Lukas – er musste ein furchtbares Martyrium erleiden: Der Befund liest sich so, als wäre der drei Monate alte Bub von einer Dampfwalze überrollt worden! Blaue Flecken überall, ausgeprägte Hämatome, eine Vielzahl von Knochenbrüchen. Für die Staatsanwaltschaft ist der Fall klar: Kein Unfall ist für die Verletzungen des Babys verantwortlich. Sondern der eigene Vater – Alexander K. (25)!
Vor einem halben Jahr unternahm das Amtsgericht den ersten Anlauf, die Hintergründe des Dramas aufzuklären. Alexander K. musste sich wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen verantworten. Zu einem Urteil kam es damals jedoch nicht. Die Richterin ließ den Prozess platzen – und verwies den Fall an die nächsthöhere Instanz. Ihre Begründung: Es sei nicht sicher, ob der maximale Strafrahmen des Amtsgerichts (vier Jahre Haft) angesichts der Schwere der Vorwürfe ausreichend ist. Deshalb muss sich das Landgericht am Dienstag, 21. Juli, zum zweiten Mal mit der Tat befassen.
Das Motiv, das die Staatsanwaltschaft für die gewalttätigen Ausraster des Kindsvaters nennt, wirkt auf den ersten Blick bizarr! Es seien die ständigen Schreie von Lukas gewesen, heißt es in der Anklageschrift. Dabei ist der Angeklagte taubstumm – und kann die Schreie deshalb akustisch gar nicht wahrgenommen haben! Aber, so kam im ersten Prozess heraus: Wenn Lukas schrie, begann stets eine rote Lampe am Babyphon zu blinken. Hat das etwa den Horror-Vater so genervt?
Gutachterin hält Ausreden des Angeklagen für Quatsch
Inhaltlich sind Staatsanwalt und Angeklagter weit entfernt. Alexander K. behauptet nämlich allen Ernstes, dass es der eifersüchtige, etwas ältere Bruder war, der Lukas so malträtiert hat. Der knapp zweijährige Junge sei mit seinen Füßen auf dem Baby herumgetrampelt – und habe ihn mehrfach mit einem Bobby Car überrollt. Eine medizinische Gutachterin hält dies für vollkommenen Quatsch. Doch auch für dieses Argument hat sich Alexander K. eine Ausrede zugelegt. „Dann war es eben meine Lebensgefährtin, wenn ich nicht zuhause war“, ließ er das Gericht wissen.
Die Anklageschrift beleuchtet die Zeit zwischen Ende Mai und Ende August 2007. In diesen drei Monaten muss Lukas regelrecht durch die Hölle gegangen sein. Zahlreiche Rippenbrüche, die er aufwies, sind typisch, wenn derart kleine Kinder von Erwachsenen brutal gepackt und geschüttelt werden. Lukas hatte aber auch noch ein gebrochenes Schlüsselbein, Frakturen beider Unterarme, die schon länger zurück lagen und nicht behandelt wurden, sowie eine Fraktur des rechten Unterschenkels. Helmut Reister