Tatverdächtiger zu krank für Knast

Raimund M. soll einen Augsburger Polizisten kaltblütig erschossen haben. Warum er trotzdem straffrei ausgehen könnte und sein Bruder als Komplize brummen muss.
Ralph Hub |
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dpa

Augsburg - Der Prozess um den Mord an dem Augsburger Polizisten Mathias Vieth geht nach siebenwöchiger Verhandlungspause weiter – aber nur noch mit einem Angeklagten. Der zweite leidet so stark an Parkinson, dass er nach Einschätzung eines Gutachters nicht mehr verhandlungsfähig ist.

Als die Richter die Verhandlung im Saal 101 gestern fortsetzten, blieb Raimund M. in einer Haftzelle im Untergeschoss des Strafjustizzentrums. Nur sein Bruder Rudi R. (58) saß auf der Anklagebank.

Auf Antrag der Verteidigung hatte der Neurologe und Gutachter Ralph-Michael Schulte Raimund M. (60) mehrmals untersucht und kam dabei zu dem Ergebnis: M. ist zu krank für einen Prozess. Er schließe „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" aus, dass der Angeklagte simuliere, sagte der Gutachter in der gestrigen Verhandlung.

Raimund M. sei vorübergehend verhandlungsunfähig und könne seine Interessen vor Gericht nicht wahrnehmen, begründeten das Gericht seine Entscheidung. Der Angeklagte leidet an Parkinson und hat gesundheitlich in der U-Haft stark abgebaut. Nach Ansicht des Gutachters ist unter anderem auch die strenge Einzelhaft dafür verantwortlich, in der M. seit über einem Jahr sitzt.

Die Einzelhaft war angeordnet worden, weil M. in Verdacht geraten war, vom Gefängnis aus die Entführung eines Richters zu planen. Der medizinische Befund wirft ein heikles juristisches Problem auf: Ein Strafprozess darf nur eine bestimmte Zeit unterbrochen werden. Andernfalls muss er komplett neu aufgerollt werden. Im Fall der mutmaßlichen Polizistenmörder läuft diese Frist am kommenden Dienstag ab. Wäre Raimund M. dann immer noch verhandlungsunfähig, könnte der gesamte Prozess platzen. Auch der gegen seinen mit angeklagten Bruder Rudi R. (58). Um das zu verhindern, hat das Schwurgericht die Verfahren gegen die beiden getrennt.

Die Vetreidiger Verteidiger Adam Ahmed und Werner Ruisinger beantragten, das Verfahren gegen ihren Mandanten einzustellen. Das Gericht lehnte dies aber ab. Die Richter entschieden auch, dass der 60-Jährige weiter in U-Haft bleibt.

Der Gutachter schlug vor, den Mann im Gefängnis-Krankenhaus unterzubringen. Ansonsten drohe eine dauerhafte Verhandlungsunfähigkeit. Bereits in der kommenden Woche wollen die Richter entscheiden, ob das Verfahren eingestellt wird. Die Folge könnte sein, dass der mutmaßliche Polizistenmörder auf freien Fuß gesetzt werden muss.

Der Prozess gegen den zweiten Mordverdächtigen wird auf jeden Fall fortgesetzt. Heute geht die Beweisaufnahme weiter. Rudi R. soll zusammen mit seinem Bruder am 28. Oktober 2011 den 41-jährigen Polizisten Matthias Vieth kaltblütig erschossen haben. Dem Streifenpolizisten und seiner Kollegin waren in jener Nacht zwei Männer auf einem Motorrad aufgefallen. Als die Beamten sie nach einer wilden Verfolgungsjagd im Augsburger Stadtwald überprüfen wollte, eröffneten die Männer das Feuer. Die Polizistin wurde schwer verletzt. Matthias Vieth starb im Kugelhabgel.

 

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