„Tatort Internet“: RTL II beruft sich auf Persönlichkeitsrechte

BERLIN/WÜRZBURG - Der Heimleiter wollte über das Internet mit einer 13-Jährigen anbandeln - und wurde bei der Fernsehsendung "Tatort Internet" ertappt. Doch bis zu den Vorwürfen dauerte es fünf Monate.
Angeblich aus Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte eines mutmaßlichen Kinderschänders hat der Münchner Privatsender RTL II die Caritas nicht über die Internet- Aktivitäten eines Heimleiters informiert. „In diesem Fall liegt kein Straftatbestand vor“, sagte eine Sendersprecherin am Montag. „Mit Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen durften weder Sender noch Produktion Informationen an den Arbeitgeber weitergeben.“
Der Leiter eines „Kinderdorfs“ in Würzburg wollte nach Ermittlungen der RTL-II-Sendung „Tatort Internet – Schützt endlich unsere Kinder“ über das Internet mit einer 13-Jährigen anbandeln und ging dabei dem Fernsehteam in die Falle. Die Träger des Heims kritisierten die Macher der Sendung, weil die Redaktion mit den schweren Vorwürfen gegen den Heimleiter fünf Monate lang bis zur Ausstrahlung der Sendung gewartet habe. „Sofortiges Eingreifen ist uns wichtig, um Gefährdungen für Kinder oder Jugendliche auszuschließen“, hieß es in einer Stellungnahme am Wochenende.
Die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren gegen den 61 Jahre alten Leiter des „Goldenen Kinderdorfs“ in Würzburg ein. Der Mann ist seit der Sendung und der darauffolgenden Entlassung spurlos verschwunden. Seine Kontaktaufnahme und ein Treffen mit der Jugendlichen wurden von „Tatort Internet“ am vergangenen Montag dokumentiert.
Die wegen ihrer reißerischen Aufmachung umstrittene Sendung wurde von Stephanie zu Guttenberg, Frau von Verteidigungsminister Karl- Theodor zu Guttenberg, in der ersten Ausgabe als Präsentatorin unterstützt. Mittlerweile prüft die Medienaufsicht, ob bei der Sendung die Regeln des Jugendschutzes eingehalten und Persönlichkeitsrechte von Opfern und mutmaßlichen Tätern berührt worden seien.
dpa