Tanklaster verunglückt: Stau-Hölle auf der Autobahn

HOLZKIRCHEN - Egal, ob sie aus dem Norden oder dem Süden kamen, für Autofahrer auf der A8 war bei Weyarn Endstation. Hier war ein Tanklaster umgestürzt, der Beifahrer gestorben. Bis zum Abend standen Pendler, Touristen, Tagesausflügler – viele mit kleinen Kindern – in der Gluthitze.
Die Sonne ist noch nicht aufgegangen, als gestern früh auf der A 8 kurz nach Weyarn ein Tanklastzug voll Diesel und Benzin von der Fahrbahn abdriftet, durch die Böschung bricht und in die Wiese neben der Autobahn stürzt. Um 4.45 Uhr verunglückt der Gefahrenguttransporter, einer der beiden Männer im Führerhaus wird herausgeschleudert und stirbt.
Wie genau es zu dem Unfall kam, der gestern den Verkehr auf der A8 zwischen Holzkirchen und Rosenheim komplett zusammenbrechen ließ, ist noch unklar. Die beiden Männer, der 55-jährige Fahrer und auf dem Beifahrersitz der 32-jährige Ersatzfahrer, waren in Regensburg gestartet. Sie hatten in Ingolstadt getankt und fuhren mit 25.000 Litern Benzin und Diesel im Tank weiter gen Süden. Dann, einige hundert Meter nach der Anschlussstelle Weyarn (Landkreis Miesbach), kommen sie von der Fahrbahn ab.
Mit einem Helikopter bringen Ärzte den schwer verletzten Fahrer in eine Münchner Klinik; für den Beifahrer kommt der Notarzt zu spät, er stirbt neben der A 8. Der Sachschaden beläuft sich wohl auf 500.000 Euro.
Der Tank mit der hochexplosiven Ladung bleibt heil. Nur durch die Ladeluke sickert etwas Treibstoff aus. Die Polizei sperrt sofort die gesamte A 8 – Explosionsgefahr. „Wir haben sogar die Gegenfahrbahn geräumt – wenn da nur der Funke einer Zigarette dran gekommen wäre.“, so ein Sprecher der Autobahnpolizei Holzkirchen. Ausgerechnet am heißesten Tag des Jahres liegt ein Tank mit 25.000 Litern Treibstoff in der prallen Sonne. Die Feuerwehr kühlt ihn, bis Diesel und Benzin in einen Ersatz-Lastzug gepumpt sind. Fünf Stunden dauert das Abpumpen, eine Spezialfirma unterstützt den heiklen Vorgang. Vorher kann der Transporter nicht bewegt werden.
An der Unfallstelle staut sich der Verkehr. „Bis zum Vormittag ging es noch, dann sind immer mehr Autos in den Stau gefahren, obwohl die Meldung ständig im Radio lief“, sagt Martin Hauda, Einsatzkoordinator vom Bayerischen Roten Kreuz. „Sie dachten wohl, er löst sich bald auf.“
Stattdessen sind bald auch die Landstraßen, auf die der Verkehr umgeleitet wird, dicht. Über zehn, zwölf Kilometer staut sich der Verkehr zeitweise in beiden Richtungen, zwischen Hofoldinger Forst und Irschenberg, Bad Aibling und Weyarn brüten zehntausende Pendler, Tagesausflügler, Touristen bei 30 Grad in ihren Wägen. „Die Autobahn wurde zum großen Parkplatz“, sagt Hauda. 350 Einsatzkräfte arbeiten derweil an der Unfallstelle, auch ein Notfallseelsorger ist vor Ort.
Die Feuerwehren aus allen umliegenden Ortschaften eilen zum Einsatz, das Rote Kreuz und die Johanniter-Motorradstaffel fahren durch die Kolonnen und verteilen Wasser. „Ein paar Menschen hatten Kreislaufprobleme“, sagt Martin Hauda.
Nach der Bergung des Tanklastzugs wird die Umgebung untersucht. Nicht nur wegen der leichten Entzündbarkeit stellt die Ladung des Lasters eine Gefahr dar: Ein Liter Treibstoff verunreinigt eine Millionen Liter Grundwasser. Doch nichts ist versickert.
Gegen 18 Uhr sollte die Sperrung aufgehoben werden. Dann haben viele Autofahrer eine besondere Erinnerung an den extrem heißen 20. August 2009.
Laura Kaufmann