Tank-Tourismus - jetzt lohnt es sich wieder ganz besonders
PASSAU - Gerde zu Ostern sind die Benzinpreise wieder munter gestiegen. Wer in den Urlaub fährt, kann kräftig sparen - bis zu 30 Cent kostet der Liter im Ausland weniger. Die AZ hat Gewinner und Verlierer dieser krassen Preisdifferenz besucht.
Bei der Tankstelle von Manuel Lange (29) in Passau erinnert vieles an eine Szenerie aus Death Valley. Obwohl sich kein rostiges Schild im Wind dreht und kein Fensterladen gespenstisch an ein heruntergekommenes Haus schlägt. Manuel Lange betreibt eine Tankstelle – aber zum Tanken verirrt sich hierher kaum noch jemand. „Zu mir kommen nur noch Firmenkunden, die das abschreiben können. Oder Leute, die sich verfahren haben.“
Die meisten deutschen Autofahrer, die an Langes Tankstelle vorbeiziehen, wissen genau, wohin die Reise gehen soll. Sie wollen billig tanken. Nur einen Steinwurf von Lange entfernt, können sie das, bei der BP im österreichischen Ort Hinding. „An der Stelle war früher das alte Zollamt. Seit 1993 steht dort eine Tankstelle.“ Reinhold Klaffenböck ist ihr Pächter.
Seit der Sprit in Österreich so billig ist, klagt Lange über 90 Prozent Einbußen. 1,269 kostet der Liter Benzin im Moment bei ihm, beim österreichischen Konkurrenten ist der Liter für 1,034 Euro zu haben. Diese Preisunterschiede treiben Deutsche wie Christian Lustinger (39) öfter zum Tanken nach Österreich. 35 Kilometer legt der Freyunger Spediteur dafür zurück – und spart auf einen vollen Tank über zehn Euro. „Ich habe kein schlechtes Gewissen“, sagt er, „die hohe Besteuerung in Deutschland ist einfach nicht richtig“.
Dem Fiskus gehen Milliarden durch die Lappen
Warum sollte ein Autofahrer in Passau oder Mittenwald tanken – wenn er nur ein paar Meter weiter, auf österreichischem Boden, 30 Cent pro Liter weniger zahlt? Das wäre saudumm. Und weil viele Bayern so gescheit sind und sparen, regen sich viele Politiker über diesen Tanktourismus auf. Weil dem deutschen Fiskus durch das „Fremdtanken“ Milliarden durch die Lappen gehen. Ein hausgemachtes Problem.
„Die hohen Steuern in Deutschland sind die Ursache“, sagt ADAC-Verkehrsexperte Jürgen Albrecht. „Auf einen Liter Benzin entfallen rund 85 Cent an Abgaben.“ Und kaum beginnen die Ferien oder das Wochenende, ziehen die Preise an (siehe oben). „Das ist ein alter Hut. Die Konzerne wollen Geld verdienen und die Nachfrage bestimmt immer noch das Angebot.“
Bei BP-Pächter Klaffenböck tanken fast nur deutsche Autofahrer. „Das Geschäft läuft gut. Aber man darf nicht vergessen, dass vor 2000 die Österreicher nach Deutschland zum Tanken gefahren sind.“ Von diesen goldenen Zeiten hatte Manuel Lange nichts. Er betreibt die Tankstelle erst seit fünf Jahren. Seine Großeltern haben das Geschäft aufgebaut. „Wir sind seit 1960 hier. Wir haben gute und schlechte Zeiten erlebt“, sagt Langes Großmutter. 300 000 Mark investierte der Großvater vor zehn Jahren. „Aber dann kam die Ökosteuer und der Euro und alles ging den Bach runter“, sagt Lange. „ Ohne die Werkstatt und die kleine Bar neben der Tankstelle, müsste ich längst zusperren.“
"Ich muss auf meinen Geldbeutel schauen"
Acht Kilometer weiter, in Scharfenberg, reiht sich an der Tankstelle von Herbert Knunbauer (56) ein deutsches Auto an das andere. Nicht mal einen Euro kostet hier der Liter Benzin (0,984 €). Michaela Resch aus Passau nutzt die Mittagspause, um vollzutanken und 15 Euro zu sparen. „Ich muss auf meinen Geldbeutel schauen“, sagt sie fast entschuldigend.
Herbert Knunbauer hat im Moment gut lachen. Seine Kunden sind zufrieden, der Geldbeutel ist voll. Aber er ist sich sicher: „Es kommen auch wieder andere Zeiten.“ Die Diskussion um den Tanktourismus kann er nicht verstehen. „Viele Österreicher kaufen ja auch in Deutschland ein. Autos, Computer, Fernseher, Möbel. Aber darüber redet niemand.“ Sein Kollege in Passau tut ihm trotzdem leid. „Er kann nichts dafür. Den Konzernen ist egal, wo der Sprit verkauft wird.“
Bei Manuel Lange jedenfalls nicht. „Ich glaube, ich habe die schlechteste Tankstelle in ganz Deutschland“, sagt der 29-Jährige. Ein trauriger Rekord.
Verena Duregger