Tagsüber schweinisch

Was ist der Unterschied zwischen einem Autorenporträt und der Buchbesprechung? In Erlangen vorerst keiner
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Vor dem eigenen Porträt auf der Bühne: Marlene Streeruwitz (li.) in Erlangen im Gespräch mit Ina Hartwig.
Berny Meyer Vor dem eigenen Porträt auf der Bühne: Marlene Streeruwitz (li.) in Erlangen im Gespräch mit Ina Hartwig.

NÜRNBERG - Was ist der Unterschied zwischen einem Autorenporträt und der Buchbesprechung? In Erlangen vorerst keiner

So züchtigend streng wie sie von allen offiziellen Verlagsfotos blickt, wirkt die österreichische Autorin Marlene Streeruwitz auf der Bühne des Erlanger Markgrafentheaters gar nicht. Keine Domina des Besserwissens, eher eine cool ins Chaos blickende „Hüterin der Gegenwart“, so genannt von der erstmals beim Poetenfest auftretenden Moderatorin Ina Hartwig (Literatur-Fachfrau der Frankfurter Rundschau), die allerdings nicht bemerkt hatte, dass dieser Abend umfassend als „Autoren-Porträt“ angekündigt war – sie interessierte sich nahezu ausschließlich für den neuen Roman „Kreuzungen“ (siehe AZ-Besprechung am 28.8.).

„In einen Männer-Roman gehört eine Frauen-Leiche“, spottete Marlene Streeruwitz über die Regularien der Dichtkunst, mit denen sie einen gefühlsarmen Multimillionär mitleidlos umkreist. Ihr Thema, auf dem sie während des Gesprächs immer wieder bestand, sind die Menschen des 21. Jahrhunderts, die zurückstürzend ins 19. Jahrhundert „Überschreitungen begehen und damit durchkommen“. Die Gesellschaft, die sich „in Privatheit“ auflöst, habe „keine Instrumente mehr, um moralisches Verhalten einzufordern“. Und die Macht der Rücksichtslosigkeit, höhnt Streeruwitz, sei „ja auch wirklich ganz lustig“: „Man kann abends in die Oper gehen, aber tags muss man sich schweinisch aufführen“. Sie formuliert es mit österreichischem Volksmund: „Schau’n, woss eini geht“.

Das „Gemisch aus Gladiatoren und Prostituierten“, das die zwischen Wien und New York pendelnde Autorin in ihrer Umwelt sieht, macht sie zu gleichen Teilen ratlos und kämpferisch. Immerhin habe sie bei der Arbeit an diesem Roman „erstmals nicht zugenommen“. Drei bis fünf Kilo pro Manuskript seien sonst die Regel.

Über tiefergehende Hintergründe, den frühen Antrieb zum Erheben der mahnenden Stimme und die Lust am Theater war nichts zu erfahren. Die Moderatorin las lieber eine eigene Buchkritik vor. D.S.

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