Susanna Tausendfreund regiert die Isargemeinde

Pullach- Die Sensation ist perfekt: Im konservativen Münchner Nobelvorort Pullach erobert Susanna Tausendfreund das Rathaus. Ihr Rivale von der CSU, Andreas Mos,konnte ihr nicht mehr gefährlich werden. Mit 30,04 Prozent landete er bei der abgeschlagen. Die ehemalige Landtagsabgeordnete und Rechtsanwältin feierte mit 69,96 Prozent einen phänomenalen Sieg.
Der Ortsverein der Grünen in Pullach, den Tausendfreund 1983, kaum mit der Schule fertig, aus der Taufe gehoben hat, mag für manche Weggefährten mehr eine Spaßfraktion gewesen sein mit langen Diskussionen über Frieden und Waldsterben und lustigen Gewinnen bei der weihnachtlichen Tombola. Susanna Tausendfreund nahm die Politik durchaus ernst, von Anfang an. Sie hatte sich schon im Pullacher Gymnasium als Schülersprecherin engagiert. Sie sagt: „Ich wollte was tun.“ Die Stationierung der Pershing-II-Raketen verhindern und daheim verkrustete Strukturen aufbrechen. Ihre Pullacher WG war in Zeiten, in denen unverheiratete Paare für eine Gemeindewohnung keinesfalls infrage kamen, durchaus ortsbekannt.
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Sie studierte Jura und stieg parallel früh in die Politik ein. Ab 1984 im Gemeinderat, dann Kreisrat, dann Landtag, zwei Legislaturperioden lang. Eine Weile hatte sie alle drei Mandate zugleich, da war ihr Leben eine einzige Sitzung. Beharrlich blieb sie dran an ihren Themen. Warb jahrelang für einen überregionalen Nahverkehrsplan im Landkreis – jetzt, vor ein paar Wochen, wurde der endlich beschlossen. „Das ist die Belohnung für die viele Arbeit“, kommentiert sie trocken.
Die Abschaffung der Badekappenpflicht im Hallenbad war der erste Antrag, den sie gestellt hat als Gemeinderätin in Pullach. Der ging glatt durch, wie Tausendfreund heute noch gerne erzählt. Auch andere Dinge hat sie mit den Grünen im Ort bewegt: den Wochenmarkt am Kirchplatz, mehr Radwege, als größter Erfolg, dass Pullach für die Geothermie erschlossen wurde. Sie versorgt nun zwei Drittel der Haushalte. Zustande gekommen ist die ganze Geschichte nur, sagt sie, weil sie im CSU-Kollegen Walter Mayer einen Mitstreiter gefunden hatte. „Der hat auf der anderen Seite gebohrt.“
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Das Aussteiger-Image, das ihr mal anhaftete, hat Susanna Tausendfreund längst abgelegt. Meist trifft man sie an im Blazer. Längst lebt die 51-Jährige eine durch und durch bürgerliche Existenz mit ihrem Mann, dem inzwischen pensionierten Gymnasiallehrer Odilo Helmerich.
Fast hat sie, auch wenn sie das nicht gerne hören dürfte, etwas Merkelhaftes an sich. Jederzeit würde sie auch mit einem CSUler auf ein Bier gehen, sie hat stets vermieden, sich Feinde zu machen. Auch wenn sie sich noch heute diebisch darüber freut, dass damals, 1985, diese Parkbank am Kirchplatz, die der CSU ein Dorn im Auge gewesen ist, weil sich dort die Jugend traf, nicht abmontiert worden ist. Weil bei der entscheidenden Abstimmung ein paar ältere CSUler sanft eingenickt waren